In der VIP-Lounge bei Habsburgs

"Das Blindekuhspiel" von Francisco de Goya (1788), eine Leihgabe des Prado, Madrid
Die Schau „Feste feiern“ zelebriert das 125-jährige Bestehen des KHM, das „Museum für alle“ sein will

Es ist ein seltsamer Konflikt, den das Kunsthistorische Museum (KHM) da offenlegt. Zum 125. Bestandsjubiläum des Hauses – der Prachtbau am Burgring wurde am 17. Oktober 1891 eröffnet – hat man eine Themenausstellung mit dem naheliegenden Titel „Feste feiern“ ausgerichtet und zugleich das Motto „Museum für alle“ für das Jubiläumsjahr ausgerufen.

Doch was zunächst wie eine offenherzige Einladung klingt, ist auf den zweiten Blick ein Widerspruch – denn die Festkultur, von der das KHM Zeugnis ablegt, war nie wirklich „für alle“ gemacht. Im Kern versucht das Museum den Brückenschlag zwischen althergebrachter Status-Demonstration und höfischer Etikette und einem demokratischen Verständnis von Zugang zur Kultur: Wie passen Prunk und Partizipation zusammen?

Höfische Gesellschaft

Das Thema „Feste feiern“ ist für das KHM nicht zuletzt deshalb naheliegend, weil ein beträchtlicher Teil der Museumssammlungen – mit ihren Prunkbechern und Tapisserien, den alten Musikinstrumenten und Kunstkammer-Preziosen – ein direktes Überbleibsel der habsburgischen Festkultur ist.

Die Schau, die sich über drei Säle und einige Kabinette des KHM-Haupthauses erstreckt, präsentiert gewissermaßen das Museum in komprimierter Form.
Vieles stammt von Standorten des KHM-Verbunds außerhalb des Hauses am Ring: Etwa Prunkharnische und Helme aus der Hofjagd- und Rüstkammer und alte Musikinstrumente aus der Sammlung in der Neuen Burg; oder der „Ambraser Trinkstuhl“ aus dem gleichnamigen Tiroler Schloss, auf dem ein Mechanismus die Festgäste so lange festzurrte, bis diese ein großes Glas eines alkoholischen Getränks geleert hatten.

In der VIP-Lounge bei Habsburgs
Christoph Gandtner (gest. 1605 Meran): Tantalus, um 1580/90
Die Gegenstände haben unzählige, oft skurrile Geschichten zu erzählen – nur erschließen sich diese in den seltensten Fällen von selbst: Die Entscheidung, sich auf bloße Objektbeschriftungen zu beschränken, bewahrt zwar vor einem Informations-Overkill, macht aber eine Führung, einen Audioguide oder den Katalog notwendiger als anderswo.

Fürst und Volk

Sehr oft sind es Geschichten von Inklusion und Exklusion, die an den zahlreichen Relikten, Bildern und Dokumenten hängen. Erhalten blieben etwa die minutiös festgelegten Sitzordnungen bei diversen höfischen Banketten, aber auch Bilder jener künstlichen Schlaraffenland-Parks, die der König von Neapel im 18. Jahrhundert errichten ließ: Das hungernde Volk durfte diese verschwenderischen Lebensmittel-Anhäufungen plündern, während sich der Regent am Balkon des Palastes daran ergötzte.

Mit dem gut eingelernten Modus des Kunstbestaunens lässt sich solchen Kulturgütern nicht beikommen, außer man leidet unter den Spätfolgen österreichischer Obrigkeitshörigkeit: Eher beschleicht einen in der Ausstellung eine Ekelfaszination, begründet in dem Gefühl, dass einem die gezeigte Kultur zugleich fremd und doch vertraut ist. Fans der Serie „Game of Thrones“, die in der Schau übrigens auch zahlreiche Turnierszenen sowie Bilder von Zwergen, Hofnarren und Riesen vorfinden, kennen das vielleicht.

Die junge Generation will das KHM übrigens auch mit einer neuen Handy-App mit Themenführungen sowie mit einer Jahreskarte für 19- bis 25-Jährige um 19 Euro gewinnen. Die Jubiläums-Schau ist zweifellos ein adäquater Einstiegspunkt in die Welt dieses Museums – mit all seiner Vielfalt und Faszination, und all seinen Ungereimtheiten.

Die Diego-Velázquez-Schau, die erste im deutschsprachigen Raum, war natürlich ein Renner. Und weil sie von 28. Oktober 2014 bis 15. Februar 2015 lief, wird sie in den Geschäftsberichten des KHM sowohl 2014 als auch 2015 mit jeweils 336.424 Besuchern unter den Top-5-Ausstellungen gelistet. Die bestbesuchte Schau war sie dennoch nicht: „Ein ägyptisches Puzzle“ über die Restaurierung des Sargdeckels der Priesterin But-har-chonsu kam, so die Statistik für 2015, auf 338.384 Besucher.

In der VIP-Lounge bei Habsburgs
Interview mit Sabine Haag und ihrem Cousin Thomas König im Kunsthistorischen Museum in Wien am 04.05.2015.
Konzernweit zählte man 1,38 Millionen Besuche; dies bedeutet einen Rückgang gegenüber 2014 um fünf Prozent. Schuld daran ist vor allem die Schließung des Weltmuseums. Dennoch war das Jahr 2015 für das gesamte KHM her von der Frequenz her das drittbeste in der Geschichte (nach 2014 und 2013) – und mit 9,35 Millionen Euro bei den Eintrittserlösen sogar das zweitbeste.

Der Jahresgewinn betrug 717.558 Euro, der Eigendeckungsgrad stieg ein weiteres Mal – auf nun 40,76 Prozent.

Paul Frey, der kaufmännische Geschäftsführer, meint, dass man auch heuer – nach Auflösung der Rücklagen in der Höhe von 1,7 Millionen Euro – ausgeglichen bilanzieren werde. Für 2017 brauche es aber eine Erhöhung der seit einem Jahrzehnt gedeckelten Basisabgeltung. Sie macht derzeit 23,84 Millionen Euro aus. 4,28 Millionen davon sind für das Weltmuseum gewidmet; doch der Betrag reicht nicht aus – selbst im geschlossenen Zustand: 2015 musste der KHM-Konzern 271.000 Euro zuschießen. Laut Generaldirektorin Sabine Haag werde das Weltmuseum im Herbst 2017 wiedereröffnet. Für Oktober 2018 kündigt sie eine „Jahrhundertschau“ über Pieter Bruegel d. Ä. an.

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