Sie ließ Zweifel aufkommen, ob das Stück tatsächlich das „Mammutwerk“ ist, als das es verkauft wird. Der Plot scheint prächtig für eine Netflix-Serie geeignet: Eine überforderte Mutter zieht sich in das leer stehende Haus ihrer Großmutter in einer gottverlassenen Gegend mit Verlorenen zurück. Es ereignen sich ein paar sonderbare Begegnungen.
Doch die Auszeit währt nicht lange. Denn Claras Ex-Mann kommt nicht mit dem gemeinsamen Sohn, der von der Schule suspendiert wurde, zurande: Mit seiner Lebensgefährtin liefert er ihn kurzerhand ab. Die Mutter muss erkennen, dass Florentin ein von Fremdenhass erfülltes Monster ist. Er bleibt allerdings, wie auch alle anderen Figuren, eine Schablone: Das Warum scheint Palmetshofer nicht zu interessieren. Er peppt die Handlung bloß mit Kunstsprache (fehlende Wörter, verdrehte Satzstellungen) auf. Diese kann tatsächlich eine ungeheure Wirkung entfalten – etwa im Monolog über das Menschsein von Thomas Kolle als junger Dealer Kevin, mit dem sich Clara einlässt.
Die Inszenierung decouvriert zumeist aber (ungewollt), dass der Text nur vorgibt, Tiefe zu haben: Regisseurin Maria Sendlhofer und Ausstatterin Larissa Kramarek setzen sich über den Dramatiker, der keine realistische Wiedergabe und kein realistisches Raumkonzept fordert, andauernd hinweg.
Für jede Szene gibt es in der aus Sperrholz gezimmerten Landschaft das passende Setting – von der Küchenzeile über das Doppelbett bis zu den Barhockern in der Tankstelle, in der man bei einem Bier ins Leere stiert. Wer grad nicht an der Reihe ist, hängt ab. Und in zu vielen Zwischenspielen dürfen alle herumschlurfen.
Bei den Szenen von Thomas Frank und Johanna Orsini-Rosenberg denkt man unweigerlich an „Braunschlag“: Sendlhofer hat das Komische herausgearbeitet. Die Patchwork-Konflikte sind richtig amüsant, Jan Thümer karikiert den Ex-Mann geradezu. Birgit Stöger aber wehrt sich zwischendurch mit herbem Charme gegen zu viel Soap: Sie vermittelt glaubwürdig, dass es ihre Clara nicht einfach hat.
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