2017 hatte Intendant Markus Hinterhäuser die 1960 in Zürich geborene und in Wien lebende Dramaturgin nach Salzburg geholt. Auf ihren Wunsch hin wurde der Fünfjahresvertrag nur um zwei Saisonen, bis zum November 2023, verlängert: Sie schenkt sich, wie Hering sagt, ein einjähriges Sabbatical, „in dem ich in vielerlei Hinsicht sehr aktiv sein werde, aber außer Literatur im Nebel“ – das Festival in Heidenreichstein widmet sich heuer, am 6. und 7. Oktober, Péter Nádas – „keine benennbare Aufgabe übernehmen werde“.
Sie war generell ernsthaft, distanziert, vorsichtig in der Wahl der Worte, ja auch etwas spröde: Bettina Hering machte es dem Gegenüber bei Interviews nicht gerade leicht. Und sie machte es auch sich selbst nicht leicht. Immerzu versuchte sie den Spagat: Einerseits das Publikum mit Großproduktionen klassischer Stoffe zu bedienen, andererseits Wagnisse einzugehen und Themen anzuschlagen, denen man sich eher nicht stellen will. Der diesjährige Jedermann z. B. wurde als kapitalistischer Klimasünder (und damit als Spiegelbild) identifiziert.
Die Neuinszenierung kam nicht über seichten Aktionismus hinaus. Das Schauspielprogramm 2023 gesamt aber war äußerst avanciert – und es trug Herings Handschrift wie kaum eines zuvor. Denn auf der Bühne wurde verhandelt, wie wir als Gesellschaft mit kranken, alten oder gehandicapten Menschen umgehen oder umgehen sollten. Und mit einer im Vorfeld zu Unrecht unterschätzten Dramatisierung des Mareike Fallwickl-Romans „Die Wut, die bleibt“ in der Regie von Jorinde Dröse löste Hering wahre Jubelstürme aus. Ja, auch das war ein machtvolles feministisches Statement.
In den letzten Sommern brannten sich unter anderem zwei Produktionen mit Lina Beckmann ins Gedächtnis Ihres Tratschpartners ein: als Rose Bernd und als Richard the Kid & the King. Aber nicht nur Regisseurin Karin Henkel (heuer mit „Liebe“ dabei) hat es den gerne mit Muskeln spielenden Männern gezeigt. Ja, Bettina Hering gab als erste Schauspielchefin der Festspiele den Frauen eine feste Stimme. Ihre sieben Jahre sind tatsächlich eine Ära.
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