Humboldt: Das Beste aus Amerika

Humboldt: Das Beste aus Amerika
Der Naturforscher hinterließ 4.500 Seiten Reisenotizen: Erstmals gibt es eine Textsammlung - "Das Buch der Begegnungen"

Es gibt Menschen, die angesichts  Sb1 – c3 im Schachspiel heftige Gefühlsausbrüche bekommen.
So kann man sich Alexander von Humboldt vorstellen, wenn er eine Schwalbe über dem Meer sieht: WIESO eine Hirundo domestica Blum? In diese Gegend passt, wenn überhaupt, eine Hirundo agrestis!
Und: Soll nur ja niemand den  mexikanischen  Techichi (Hunderasse, derart gern verspeist, dass sie in Mexiko ausgestorben ist) mit dem Itzcuintepotzoli verwechseln, der doch einen viel kürzeren Schwanz hat!


Die Amerika-Reise 1799 – 1804 war das große Abenteuer des deutschen Naturforschers. Von Venezuela nach Washington. Humboldts Notizen füllten 4.500 Seiten, und erstmals gibt es jetzt eine Sammlung daraus (120 Textstelle mit eigenhändigen Zeichnungen), die zeigt, dass er Wiens Ex-Bürgermeister Häupl etwas ähnelte: Er konnte mit Mönchen genauso reden wie mit Sklaven, mit adeligen Damen genauso wie mit Indianern.

Neugierig

Vor allem: Humboldt ging auf die Fremden zu, er war neugierig, nicht ängstlich, er wollte lernen, war interessiert ... und seiner Zeit weit voraus, denn für ihn gab es keine Menschen, die den Europäern „unterlegen“ waren.
Dass das Rassedenken noch nicht ganz überwunden war, merkt man, wenn er den Geruch der Afroamerikaner in glühender Hitze als streng-bisamartige „phosphorisierte Stickstoffwasserstoffsäure“ analysiert. Aber gleich fügt er hinzu: Die Zwiebel-Ausdünstungen der Menschen in der Provence seien keineswegs angenehmer.
So nebenbei nimmt man an Erkenntnis mit: Wenn man eine tote Boa für drei Wochen in fließendes Wasser hängt, lösen sich Fell und Muskelfleisch auf, und es bleiben nur Bündel langer Fasern übrig, die in San Fernando de Apure in Venezuela gern als Saiten für Gitarren verwendet werden..
„Das Buch der Begegnungen“ ist – Pardon – ein großes Fressen (und selbstverständlich jedem mexikanischen Hund vorzuziehen).
 


Alexander
von Humboldt:
„Das Buch der Begegnungen“
Herausgegeben und kommentiert  von
Ottmar Ette.
Manesse Verlag.
416 Seiten.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern
46,30 Euro.

 

 

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