Helle Aufregung um Hellers angebliche Basquiat-Fälschung
André Heller erzählt in seinen Werken gerne von einer imaginären Wahrheit, die schöner ist als die echte Wahrheit: Er verzaubert jene, die sich gerne verzaubern lassen, mit Märchen aller Art.
Im echten Leben aber droht nun eine seiner Märchengeschichten zu einem Problem zu werden: Heller hatte einem Experten gegenüber behauptet, dass ein von ihm gestalteter Rahmen eigentlich vom gefeierten US-Künstler Jean-Michel Basquiat stamme – laut Heller „ein kindischer Streich“ und eine „Angeberei“, um diesem Experten ein wenig die Expertenluft rauszulassen.
Der Rahmen geisterte aber danach unter der Zuschreibung Basquiat, wenn auch naturgemäß ohne Echtheitszertifikat, durch den Kunsthandel: Er soll bei einer Messe um drei Millionen Dollar angeboten worden sein, berichtet der Falter, der dem „Schwindel“ des Künstlers das aktuelle Cover widmete.
Heller hat angesichts der im Raum stehenden Vorwürfe nun den Fehler zugestanden, diese „ausgeschmückte Geschichte“, die er dem Kurator auftischte, „nicht sofort richtiggestellt“ zu haben – wies zugleich aber gegenüber dem KURIER „weite Teile des Falter-Artikels als unwahr entschieden zurück“.
Die Vorgeschichte
In der laufenden Basquiat-Ausstellung der Albertina ist eine unbetitelte Zeichnung eines Kopfes ausgestellt. Dieses Bild hatte von 1990 bis 2017 Heller gehört. Er hatte Basquiat gekannt: Es war ihm gelungen, dass der junge Superstar für eines seiner Spektakel, den künstlerischen Vergnügungspark „Luna Luna“ (1987 in Hamburg), ein Riesenrad gestaltete. Ein Jahr später, 1988, starb Basquiat mit nur 27 Jahren an einer Überdosis Heroin. Als Vermächtnis blieben Heller Basquiat-Skizzen für „Luna Luna“. Die nun in der Albertina gezeigte Zeichnung umgab er mit einem Rahmen im Stil von Basquiat: „Um das Ergebnis kostbarer zu machen, habe ich eine meiner Originalzeichnungen (von Basquiat, Anm.) zerschnitten“, erinnert sich Heller im Falter-Gespräch.
Diese Mini-Skizzen, rund 29, wurden in den Rahmen auf Holzleisten geklebt und mit roter Farbe verbunden. Zudem fügte Heller, so der Falter, Stücke eines schwarz gefärbten Besenstiels hinzu und hämmerte Nägel hinein. Heller ging es dabei laut eigenen Angaben nicht um „Betrug“: Das Werk hing in seinem Salon, er wollte den Basquiat auch nicht verkaufen.
Das Unheil begann, als Heller beschloss, sich von dieser Collage samt Zeichnung zu trennen. Er übergab sie der Wiener Galerie Wienerroither & Kohlbacher. Und diese bot die beiden Werke auf der Kunstmesse Tefaf an, zuerst in Maastricht, dann in New York: Den Rahmen mit den Basquiat-Skizzen um drei Millionen Dollar, die Zeichnung um zwei Millionen. Der Falter schreibt: „Sechs Millionen Dollar war der offizielle Preis für beide Werke.“ Der Standard schrieb sogar von sieben Millionen.
Zu diesen Werken gab es eine Art „Expertise“ von Dieter Buchhart: „Der Künstler schuf den Voodoo-Altar in der Anwesenheit von André Heller“, schrieb der Kurator im Verkaufskatalog („Ich habe den Rahmen weder authentifiziert, noch habe ich jemals behauptet, dies getan zu haben“, so Buchhart nun zum KURIER). Er hatte eben den Erzählungen – der „Angeberei“ von Heller – über die Entstehungsgeschichte geglaubt. Im Katalog nannte Heller den Rahmen damals „ein eigenständiges Kunstwerk“.
Es fand sich aber kein Käufer. Danach sollte die Zeichnung samt Rahmen in London ausgestellt werden – in einer Basquiat-Retrospektive mit Buchhart als Ko-Kurator. Ausgestellt wurde jedoch nur das Bild, denn dem Hauptkurator fehlte für den Rahmen der Echtheitsnachweis.
Ver- und Rückkauf
Erst nach der Ausstellung wurde das Bild verkauft: Der Wiener Künstlermanager Amir Shariat wandte sich an Heller – und erwarb es für einen Kunden. Nach einigen Monaten wollte der Käufer auch den Rahmen. Im Vertrag wurde festgehalten, dass ein Echtheitszertifikat „nicht vorhanden“ ist. Kaufpreis: 800.000 Euro.
Shariat behauptet nun: „Der Rahmen war von Basquiat. Das hat der Heller so gesagt.“ Dies stellt Heller in Abrede: „Ich habe gesagt, das ist ein Rahmen mit eingearbeiteten Basquiat-Zeichnungen und als solchen habe ich ihn auch weitergegeben“, sagt er zum KURIER. Und sein Anwalt Thomas Höhne ergänzt lapidar: „Der Rahmen wurde verkauft als Rahmen, auf dem sich Basquiat-Zeichnungen befinden.“
Der Galerist Alois Wienerroither hatte zunächst gemeint: „Gesichert als von Basquiat verfertigt, waren immer nur die Zeichnungen, die sich auf dem Rahmen befinden.“ Am Mittwoch aber änderte er seine Meinung: „Wir sind belogen worden.“ Zudem: Die Behauptung, dass der Rahmen zu einem inoffiziellen Preis von drei Millionen Dollar und die Zeichnung für zwei Millionen angeboten wurden, stimme nicht.
Heller hat den Rahmen mittlerweile zurückgekauft: „Weil ich vermeiden wollte, dass mein Ruf durch zur Diskussion gestellte Behauptungen geschädigt wird“, so Heller. Er behält sich rechtliche Schritte gegen den Falter vor.
Der Künstler: Jean-Michel Basquiat (1960–1988) krempelte in seiner kurzen Karriere die Kunstwelt um. Nach Anfängen auf der Straße wurde er rasch zum Liebling der New Yorker Szene. Sein Auktionsrekord wurde 2017 mit 110,5 Millionen US-Dollar für ein unbetiteltes Bild erzielt
Das Werk: Basquiat verarbeitete in seinem kreativen Furor zahllose Einflüsse – und baute auch Türen, Objekte und selbst gebaute Rahmen in seine Kunst ein
Ausstellung: Die Basquiat-Schau in der Albertina läuft noch bis 8. 1. 2023
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