"Hallo Spencer - der Film": Irgendwas muss doch auch bleiben!
Zugegeben, wenn man im echten Leben auf einen älteren Herrn trifft, der eine Puppe wie ein Haustier auf dem Arm trägt und die spricht dann auch noch, dann würde man das eher seltsam finden. In „Hallo Spencer – der Film“ ist das aber zu Herzen gehend. Und der Clou ist: Das ist eigentlich das echte Leben. Also fast.
Die Älteren werden sich noch erinnern: „Hallo Spencer“ war in den 80er-Jahren eine Sendung im Kinderprogramm. Bunte Puppen, die in einem Dorf wohnten und diverse Abenteuer mit pädagogischem Auftrag erlebten. Unvergessen der grammatikschwache Drache Poldi, der immer zu allen „Ich will dir fressen“ sagte und der immer freundliche Kasimir, der ihm dann „Guten Appetit“ wünschte. Spencer selbst war Moderator der Sendung, der aus einem Studio via Liveschaltung kommentierte.
2001 wurde die letzte Folge des Puppenkults produziert. Comedian Jan Böhmermann stieß auf ihr weiteres Schicksal, nachdem er einen bösen Sketch über Spencer gemacht hatte. Er traf den Schöpfer der deutschen Antwort auf die „Sesamstraße “ Winfried Debertin und beschloss, einen Hommage-Film zu drehen. Der ist nun in der ZDF Mediathek zu sehen (und am 27.12. um 23.45 Uhr im ZDF).
Er erzählt davon, wie Jakob Sesam (man möchte ihn in den Arm nehmen: Rainer Bock) mit seinen Puppen in einer alten Disko lebt. Aber da soll jetzt ein Pensionistenheim („Gute Nacht“) hin. Wenn Sesam nicht in zwei Wochen zehn Millionen aufstellt, kommt der Bagger. Also beschließt er, einen Film zu drehen. Der kostet 10 Millionen, und muss dann nur noch 20 Millionen einnehmen. Nach „Pitches“ bei Streamern (Flixbuster und Agony+), einer Zusage des Norddeutschen Rundfunks und der Erkenntnis, dass die Rechte gar nicht mehr ihm gehören, sondern zwei fiesen Berliner Medienmenschen (dieses Ehepaar erinnert gar stark an die Friedrichs, die die „Berliner Zeitung“ gekauft haben), braucht er plötzlich 50 Millionen.
Der Plot erinnert ein wenig an den Film „The Muppets“ (2011), mit dem auch ein zeitgenössischer Komödiant (Jason Segel) alten Puppen ein Denkmal gesetzt hat (auch da werden 10 Millionen Dollar benötigt zur Rettung der Muppet Studios). „Hallo Spencer – der Film“ ist nur weniger Hollywood und mehr handgemachte, ein bisschen staubige Poesie – passend zur Originalvorlage. Und er ist eine Mediensatire: Die Zeitungsherausgeber finden etwas Faktenüberprüfung „Denke von früher“ und der öffentlich-rechtliche Sender hat einen „Innovationsinkubator“. Es gibt ganz viele schöne Details, wie das Modemgeräusch, wenn sich Sesam zum Videocall einwählt und es wird tatsächlich einmal Josef Haders „So ist das Leben“ angestimmt. Und Dirk Lowtzow singt ein Motivationslied mit den Quietschbeus: „Grab den Phönix aus der Asche.“
Der Film ist aber auch doppelbödig für eingefleischte Nostalgiker. Einmal sagt Sesam: „Menschen gehen, aber gute Ideen müssen doch bleiben! Irgendwas muss doch bleiben!“ Das denkt man sich oft, allein, es hilft meist nichts.
Umso schöner, dass dieser Film, der im besten Sinne „schön traurig“ ist, Spencer die Gelegenheit gibt, seine berühmte Begrüßung noch einmal hören zu lassen: „Hallo, liebe Leute, von A bis Z, von eins bis 100, von Norden bis Süden und von Osten bis Westen. Hier bin ich wieder, euer guter alter Spencer!“
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