Gorillaz in Wien: Auf Beats und Party reduziert

Damon Albarn gründete die Gorillaz 1998 als Cartoon-Band.
Die Cartoon-Band von Blur-Sänger Damon Albarn gastierte in der Wiener Stadthalle.

„Ein Party-Album, das davon handelt, dass die Welt verrückt spielt!“ Das war das Motto, unter das Gorillaz-Mastermind Damon Albarn „Humanz“, das fünfte Studioalbum seiner Cartoon-Band, gestellt hatte. Das ist nicht ganz neu. Immer schon mischten sich bei den Gorillaz Dance-Beats, Hip-Hop, Gospel, Rock und effektiv eingesetzte Klang-Experimente mit zynischen, politisch und sozial gefärbten Texten zu intelligenten Pop-Songs.

Als die Gorillaz Donnerstag - zum ersten Mal in ihrer 19-Jährigen Geschichte - mit der „Humanz“-Show in Wien auftraten, blieb von all dem leider vorwiegend das Party-Element übrig.

Das lag vor allem an dem Sound, der nur die Bässe und die Höhen betonte und dazwischen ausließ. Für einen primitiveren Dance-Act mag dieser Stil vielleicht passend sein. Bei den Gorillaz aber brummte und kreischte es so, dass die Raffinesse ihres Sounds und die Feinheiten der Arrangements, die man von Platten kennt, untergingen. Eigentlich war - zumindest auf den Rängen - nicht einmal auszumachen, ob diese Feinheiten überhaupt gespielt wurden, oder die Live-Arrangements der Eingängigkeit wegen absichtlich auf plump getrimmt waren.

Schade drum. Denn eigentlich haben die Gorillaz viel zu bieten. 1998 wurde die Band von Blur-Sänger Damon Albarn und seinem Freund, dem Comic-Zeichner und Tank-Girl-Erfinder Jamie Hewlett gegründet. Als Scherz, mit dem der von seinem Blur-Celebrity-Status angewiderte Albarn der Musikindustrie einen Spiegel vorhalten wollte. Waren die Comic-Figuren Murdoc, Noodle, 2D und Russel in der Öffentlichkeit vor ihn geschoben, konnte er dahinter in aller Ruhe mit Musikern und Sängern wie Ike Turner, De La Soul, Snoop Dogg, Lou Reed, Bobby Womack und Mick Jones und Paul Simonon von The Clash tun was er will. Karikaturen dürfen und müssen sich gegen gängige Regeln und Marktanforderungen stemmen.

Gorillaz in Wien: Auf Beats und Party reduziert

Schon alleine die Namen von Albarns Kollaborateuren zeigen die vielfältigen Einflüsse im Gorillaz-Sound. Das ergab auch in der Stadthalle ein unterhaltsame Setlist: Da waren die rockigen Ansätze von „M1 A1“, der genauso süße wie schräge Pop von „On Melancholy Hill“ oder das soulige „Strobelite“. Für die Vocals der Gastkünstler, die natürlich nicht alle mit auf Tour sind, behalf sich Albarn mit Videoeinspielungen und übernahm gewisse Parts auch selbst.

Jamie Principle und Zebra Katz, die auf „Humanz“ mitsangen und -rappten, sind auf dieser Tour dabei. Sie lieferten zu Beginn des zweiten Drittels mit „Sex Murder Party“ einen ersten Stimmungshöhepunkt.

Weiter befeuert wurde die Party durch die charmanten Videos von Jamie Hewlett, der es irgendwie schafft, 2D, Noodle und Co. genauso entzückend wie stumpfsinnig aussehen zu lassen. Doch auch da hatte man in der Stadthalle das Gefühl, dass die in die Clips eingearbeiteten politischen Botschaften durch die auf eskapistische Fete zielende Musik in den Hintergrund gerückt wurden.

Er könne sich gar nicht mehr erinnern, wann er das letzte Mal in Wien gewesen sei, sagte Albarn bei der Zugabe mit den Hits „Clint Eastwood“ und „Feel Good Inc“. Aber Wien sein ein guter Platz, um Musik zu spielen. Ein Kompliment an das Publikum, das er bekräftigte, indem er - wo anderswo schon Schluss war - in der Stadthalle noch den Song „Demon Days“ drauflegte. Klar, die Stimmung in Wien war gut. Alles in allem war es schon ein netter Abend. Aber von einem Musiker so kreativ wie Albarn, der chinesische Novellen vertont, Opern schreibt und mit afrikanischen Musikern arbeitet, hätte man erwartet, dass er das ansprechende Gorillaz-Material differenzierter ausführt und nicht auf die Beats und den Spaßfaktor reduziert.

KURIER-Wertung:

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