Goldener Löwe geht an den Philippiner Lav Diaz

Der philippinische Regisseur Lav Diaz erhielt den Goldenen Löwen von Venedig.
Der Goldene Löwe geht an den Philippinen Lav Diaz, der Große Preis der Jury an den Mode- und Filmemacher Tom Ford.

Der philippinische Regisseur Lav Diaz und dessen hypnotisches Drama "The Woman Who Left" erhielt den Goldenen Löwen des 73. Filmfestivals von Venedig. Das gab die Jury unter dem Vorsitz von Sam Mendes Samstag Abend bekannt.

Bereits auf der heurigen Berlinale hatte Lav Diaz die Sehgewohnheiten des Publikums mit einem satten Achtstünder strapaziert; sein neuer, mit knapp vier Stunden Laufzeit vergleichsweise kurzer Film begeisterte mit seiner Kraft und Schönheit. In "The Woman Who Left" folgt der philippinische Maximalist einer Frau, die unschuldig dreißig Jahre im Zuchthaus verbracht hat, auf ihrem Weg zurück in die Freiheit. Ihr Mann ist tot, der Sohn verschwunden. Auf der Suche nach Vergeltung beginnt eine Odyssee an die Ränder der philippinischen Gesellschaft – zu den Obdachlosen und den Verarmten, denen die Frau Mut zuspricht. Und natürlich drehte Lav Diaz – wie immer – in charismatischem Schwarz-Weiß.

Den zweiten Preis – den Großen Preis der Jury – räumte Modemacher und Filmregisseur Tom Ford ab. Mit seinem effektvollen, hyperstilisierten Collage-Thriller "Nocturnal Animals" konnte Ford erfolgreich an sein letztes Werk "A Single Man" anschließen und mit Amy Adams und Jake Gyllenhaal in den Hauptrollen einen Rachefeldzug im Westernformat fantasieren.

Der Silberne Löwe für beste Regie wurde geteilt: Eine Hälfte ging an den Mexikaner Amat Escalante und seinen schrägen Orgasmus-Alien-Film "The Untamed"; die andere Hälfte erhielt der russische Regie-Veteran Andrei Konchalovsky für sein theaterhaftes KZ-Drama "Paradise".

Strahlend

Eine strahlende Laurie Anderson überreichte den Spezialpreis der Jury an die iranisch-amerikanische Jungregisseurin Ana Lily Amirpour, deren Kannibalen-Western "The Bad Batch" so manchen Zusehern mit seiner Menschenfleischjause den Magen umgedreht hatte.

Ebenfalls nach Amerika wanderte der Preis für die beste Schauspielerin: Emma Stone wurde dafür belohnt, dass sie sich an der Seite von Ryan Gosling durch Damien Chazelles Musical-Revival "La La Land" gesungen und gesteppt hatte. Und den Preis für den besten Schauspieler erhielt Oscar Martinez für seine tragikomische Rolle als Nobelpreisträger in dem argentinischen Film "The Distinguished Citizen".

Jubel auch bei den Deutschen: Die 21jährige Paula Beer – hierzulande nicht zuletzt durch ihr Spiel in Andreas Prochaskas Alpenwestern "Das finstere Tal" ein Begriff – wurde als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet und nahm schluchzend ihren Preis entgegen.

Der Deutsche Wim Wenders hingegen, der mit einer 3-D-Fassung von Peter Handkes "Die schönen Tage von Aranjuez" ins Rennen gegangen war, ging leer aus.

Mit sicherer Hand hatte Festivaldirektor Alberto Barbera seinen Balanceakt zwischen funkelndem Hollywood-Großkino und konsequenten Arthouse-Produktionen gehalten. Der Goldene Löwe für Lav Diaz, den wichtigsten Filmemacher der Philippinen, und der zweite Preis an Tom Fords süffigen Hochglanz-Pulp-Thriller legen beredtes Zeugnis davon ab.

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