Goldener Berlinale-Bär für iranischen Film "Taxi"

Die Nichte des iranischen Filmemachers Jafar Panahi nahm den Preis in dessen Vertretung entgegen.
Beste Schauspieler Charlotte Rampling und Tom Courtenay.

Mit einem Triumph für das Kino und die künstlerische Freiheit endete die 65. Berlinale Samstag Abend: Der Goldene Bär für den besten Film ging an den Iraner Jafar Panahi und seinen wunderbaren, tragikomischen semidokumentarischen Film „Taxi“.

Panahi konnte (wieder einmal) nicht selbst nach Berlin reisen: Die iranischen Regierung verhängte über ihn ein Berufs- und Ausreiseverbot. Trotzdem schafft der Regisseur es immer wieder, heimlich Filme zu drehen und ins Ausland zu schmuggeln. Für „Taxi“ stieg Panahi selbst ins Auto und kutschierte seine Landsleute durch die Stadt. Die Kamera ist fix im Taxi montiert und verlässt das Fahrzeug nie. Sie beobachtet Panahis Mitfahrer, die aus ihrem Leben erzählen und so einen faszinierenden Einblick in das Alltagsleben liefern. Auch Panahis wortwitzige Nichte ist unter den Mitfahrern; sie war es auch, die an Panahis Stelle den Goldenen Bären für den abwesenden Onkel in Empfang nahm und vor lauter Rührung nicht mehr sprechen konnte.

Altes Ehepaar

Als beste Schauspieler wurden zwei Briten ausgezeichnet: Charlotte Rampling, 69 und Tom Courtnay, 77 (Bild), wurden jeweils mit dem Silbernen Bären für bestes Schauspiel belohnt. Die beiden spielen in Andrew Haighs fein ziseliertem Drama „45 Years“ ein altes Ehepaar, das plötzlich in die Krise gerät.

Insgesamt wurde der Wettbewerb der Berlinale als ausgeglichen und gut eingestuft, was die Prognosen auf mögliche Gewinner erschwerte. Während sich im letzten Jahr alle auf Richard Linklaters „Boyhood“ einigen konnte, gab es heuer keine klaren Favoriten. Offensichtlich stand auch die Preisjury unter US-Regisseur Darren Aronofsky („Black Swan“) unter diesem Eindruck und vergab manche Preise gleich doppelt. Der Silberne Bär für beste Regie ging sowohl an den Rumänen Radu Jude für „Afarim!“, einen Western aus der Walachei des Jahres 1835, als man noch „Zigeunersklaven“ hielt, und an „Body“ der Polin Małgorzata Szumowska, die eindringlich über die Beziehung eines magerüchtigen Mädchens zu ihrem Vater erzählt.

Goldener Berlinale-Bär für iranischen Film "Taxi"
epa04620128 Chilean director Pablo Larrain holds up the Silver Bear Grand Jury Prize, which he won for 'El Club', at the closing and award ceremony of the 65th annual Berlin International Film Festival, in Berlin, Germany, 14 February 2015. The Berlinale runs from 05 to 15 February. EPA/TIM BRAKEMEIER / POOL
Den Silbernen Bären, den große Preis der Jury, erhielt der Chilene Pablo Larrain(Bild)für sein eindrucksvolles Priesterdrama „El Club“. Bei den Deutschen reüssierte Sebastian Schipper mit seinem Film „Viktoria“, der in (fast) nur einer Einstellung gedreht wurde. Die großen Regie-Haudegen Terrence Malick, Peter Greenaway und Werner Herzog gingen leer aus. In der Jugendschiene „Generation 14plus“ erhielt eine österreichische Produktion eine lobende Erwähnung: der 17-minütige Kurzfilm „Nelly“ von Regisseur Chri Raiber.

GOLDENER BÄR:"Taxi" von Jafar Panahi (Iran)

SILBERNER BÄR, GROSSER PREIS DER JURY: "El Club" von Pablo Larrain (Chile)

SILBERNER BÄR FÜR DIE BESTE REGIE: Radu Jude (Rumänien) für "Aferim!" Malgorzata Szumowska (Polen) für "Body"

SILBERNER BÄR FÜR DIE BESTE DARSTELLERIN: Charlotte Rampling in "45 Years" von Andrew Haigh (Großbritannien)

SILBERNER BÄR FÜR DEN BESTEN DARSTELLER: Tom Courtenay in "45 Years" von Andrew Haigh (Großbritannien)

SILBERNER BÄR FÜR HERAUSRAGENDE KÜNSTLERISCHE LEISTUNG: Sturla Brandth Groveland - Kamera in "Victoria" von Sebastian Schipper (Deutschland) Evgeniy Privin und Sergey Mikhalchuk - Kamera in "Under Electric Clouds" von Alexei German (Russland)

SILBERNER BÄR FÜR DAS BESTE DREHBUCH: Patricio Guzman (Chile) für "Der Perlmuttknopf"

ALFRED-BAUER-PREIS: "Ixcanul Volcano" von Jayro Bustamante (Guatemala)"

GOLDENER BÄR FÜR DEN BESTEN KURZFILM: "Hosanna" von Na Young-kil (Südkorea)

SILBERNER BÄR FÜR DEN BESTEN KURZFILM: "Bad at Dancing" von Joanna Arnow (USA)

BESTER ERSTLINGSFILM: "600 Millas" (600 Miles) von Gabriel Ripstein (Mexiko)

Preise der Nebenjurys

PREIS DER ÖKUMENISCHEN JURY: "Der Perlmuttknopf" von Patricio Guzman, "Ned Rifle" von Hal Hartley, "Histoire de Judas" von Rabah Ameur Zaimeche

FIPRESCI-PREIS DES INTERNATIONALEN VERBANDES DER FILMKRITIK: "Taxi" von Jafar Panahi, "Paridan az Ertefa Kam" (A Minor Leap Down) von Hamed Rajabi, "Il gesto delle mani" (Hand Gestures) von Francesco Clerici

PREIS DER GILDE DEUTSCHER FILMKUNSTTHEATER: "Victoria" von Sebastian Schipper

PREISE DER CICAE (Internationaler Verband der Filmkunsttheater): "Que Horas Ela Volta?" von Anna Muylaert, "Zurich" von Sacha Polak

AMNESTY INTERNATIONAL FILMPREIS: "Tell Spring Not to Come This Year" von Saeed Taji Farouky und Michael McEvoy

FRIEDENSFILMPREIS: "The Look of Silence" von Joshua Oppenheimer

LABEL EUROPA CINEMAS: "Mot Naturen" von Ole Giæver und Marte Vold

TEDDY AWARD: "Nasty Baby" von Sebastian Silva

MADE IN GERMANY - FÖRDERPREIS PERSPEKTIVE: Oskar Sulowski für "Rosebuds"

DFJW-PREIS DIALOGUE EN PERSPECTIVE: "Ein idealer Ort" von Anatol Schuster

CALIGARI-FILMPREIS: "Balikbayan #1 Memories of Overdevelopment Redux III" von Kidlat Tahimik

HEINER-CAROW-PREIS: "B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin" von Jörg A. Hoppe, Klaus Maeck und Heiko Lange

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