Das Ehepaar Schönberg nahm bei Gerstl Malunterricht, der so weit ging, dass man sich ein gemeinsames Atelier teilte. Die Sommerferien des Jahres 1908 verbrachten Arnold und Mathilde Schönberg, die als große Schönheit beschrieben wird, und Richard Gerstl gemeinsam in Gmunden am Traunsee.
Inflagranti
Während Schönberg an seinem Urlaubsort unermüdlich mit Kompositionen beschäftigt war, kamen sich Mathilde und Gerstl immer näher. Nach dreiwöchigem Aufenthalt überraschte der Komponist seine Frau mit dem befreundeten Maler inflagranti. Das ertappte Paar verließ den Urlaubsort und verbrachte die erste Nacht in einer nahe gelegenen Pension, ehe es die Flucht nach Wien antrat. Drei Tage später besann sich Mathilde eines Besseren und kehrte zu ihrem Mann nach Gmunden zurück.
Nach dem Ende der Sommerferien traf das Liebespaar weiterhin zusammen, bis sich Mathilde durch Anton von Webern, dem Komponistenkollegen ihres Mannes, dazu überreden ließ, die Beziehung zu Gerstl aus Vernunftgründen und der beiden Kinder zuliebe zu beenden.
Für den Maler war der Schock groß. Nicht nur weil er die Geliebte verloren hatte, sondern auch weil er jetzt – nach dem bekannt gewordenen Skandal – aus dem Freundeskreis um Schönberg ausgeschlossen wurde. Gerstl kündigte seinen Selbstmord an und erhängte sich am 4. November 1908 vor dem Spiegel seines Ateliers in der Liechtensteinstraße.
Mathilde Schönberg, für die eine Welt zusammenbrach, schrieb an Gerstls Bruder Alois: „Glauben Sie mir, Richard hat von uns beiden den leichteren Weg gewählt. Leben zu müssen in so einem Fall, ist schrecklich schwer.“
Die Ehe von Mathilde und Arnold Schönberg hielt bis zum Tod der Frau des Komponisten im Jahr 1923. Sie soll in Begleitung ihres Mannes jedes Jahr Gerstls Grab besucht haben.
Die Ausstellung „Richard Gerstl Inspiration – Vermächtnis“ läuft vom 27. September 2019 bis 20. Jänner 2020 im Wiener Leopold Museum.
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