Woher weiß Herr Raidl, dass Oberst Redl diese Uhr seinem Großonkel geschenkt hat? „Stefan Horinka war wesentlich jünger als Redl, er ist 1976 gestorben und hat meiner Großmutter mehrmals erzählt, dass er diese Uhr von Redl erhalten hat.“
Redl kannte Horinka bereits, als dieser 14 Jahre alt war. Er sorgte dafür, dass er eine gute Schulausbildung erhält und brachte ihn dann im Ulanenregiment Nr. 7 in Stockerau unter, wo Horinka es zum Leutnant brachte. Die sexuelle Beziehung Redls mit Horinka begann 1908, als der Schützling des
Spions 18 Jahre alt war.
Horinka war nicht homosexuell veranlagt, er ging das Verhältnis aus rein materiellen Gründen ein: Der durch seine Spionagetätigkeit für das Zaristische Russland reich gewordene Oberst Redl schenkte seinem Liebhaber eine Wohnung, zwei Autos, teuren Schmuck – und eben die goldene
Taschenuhr, die jetzt besichtigt werden kann.
Als Redls Spionagetätigkeit aufflog, wurde er vom Generalstab zum Selbstmord gezwungen. Der Oberst erschoss sich am 25. Mai 1913 im
Hotel Klomser in der Wiener Herrengasse. Sicher haben die wertvollen Geschenke an seine Liebhaber eine Rolle gespielt, dass Redl Spion wurde. Nicht richtig ist hingegen die Legende, dass Redl wegen seiner Homosexualität vom Russischen Geheimdienst zur Spionage erpresst wurde. Die Russen wussten gar nichts von seiner Veranlagung.
Stefan Horinka wurde nach Redls Tod wegen „des Verbrechens der Unzucht wider die Natur“ vor das Garnisonsgericht Wien gestellt und zu einer dreimonatigen Kerkerstrafe verurteilt. Der Verdacht, dass sich Horinka an Redls Spionagetätigkeit beteiligt hätte, konnte nicht erhärtet werden. Horinka heiratete und wurde ein Jahr nach Redls Tod Vater eines Sohnes.
Bei der Taschenuhr handelt es sich um ein vor 1873 in der Schweiz handgefertigtes Einzelstück. Sie wurde einmal in Karl Hohenlohes ORF III-Sendung „Was schätzen Sie?“ auf 9000 € geschätzt. Die Ausstellung, in der der geschichtsträchtige Chronometer gezeigt wird, läuft noch bis 19. Jänner 2020.
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