Gedenkausstellung wider Willen: Nitschs 20. Malaktion in Venedig

Am Abend des Ostermontags war noch ein großes Eröffnungs-Dinner angesagt – mit prominenten Gästen wie dem Künstler Gottfried Helnwein, der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Museumschefin Agnes Husslein-Arco feierte man auf der Insel Giudecca einen großen Auftritt von Hermann Nitsch parallel zur Venedig-Biennale. Nur der Umstand, dass Nitschs Frau Rita nicht zugegen war, ließ einige Anwesende Vermutungen hegen. Vom Ableben des Meisters erfuhr die Gesellschaft erst am nächsten Morgen, erzählt Kurator Roman Grabner: Dass die Ausstellung der Bilder von Nitschs 20. Malaktion aus dem Jahr 1987 nun zu einer Gedächtnisausstellung werden würde, hätte auch der am Grazer „Bruseum“ arbeitende Experte nicht gedacht.
Hermann Nitsch ist tot: Der gehasste und geliebte Aktionist

Das Ensemble, das nun bis 20. 7. in zwei großen, sonst als Event-Location genutzten Ziegelhallen gezeigt wird, ist ein Hauptwerk Nitschs, das gleichermaßen sein „Orgien-Mysterien-Theater“ wie seine Rückkehr von der Aktion zur Malerei in den 1980er Jahren zur Schau stellt. Vom 27. Februar bis zum 22. März 1987 – die jüngere Malergeneration der „Neuen Wilden“ war gerade hoch angesagt – nahm Nitsch den Hauptraum der Secession in Beschlag. Mit Blut und roter Farbe entstanden Schüttbilder am Boden, ein monumentales Wandbild an der Stirnwand sowie ein „Fries“ von zwei Meter hohen, mit großen Gesten bemalten Stoffbahnen, denen die Nitsch-typischen Malhemden vorgelagert wurden.

Dass Klimts Beethoven-Fries erst ein Jahr zuvor restauriert in die Secession zurückgekehrt war, lässt sich bei dieser Aktion nicht wegdenken, erklärt Kurator Grabner. „Für ihn war es wichtig, in diesen Kunsttempel zu gehen. Dass Nitsch seinen „Fries“ vom Boden aufwärts malte, während der von Klimt von der Decke abwärts konzipiert wurde, sei ein „Kontrapunkt“ – auch wenn Nitsch nicht direkt auf Klimts Bildprogramm Bezug nahm. Eine Feier des Lebens oder des „Seins“, wie es bei Nitsch heißt, sei aber ein verbindendes Element.

Nitsch verfügte, dass die Bilder der Malaktion nicht getrennt werden sollten – tatsächlich sei es der einzige Werkblock, der geschlossen blieb und nun erstmals in Italien vor globalem Biennale-Publikum präsentiert wird. Der Besitzer, der Unternehmer Helmut Essl, hatte dies in Abstimmung mit der Galeristin Lisa Kandlhofer geplant. Neben Kandlhofer vertritt seit einiger Zeit die internationale Galerie Pace Nitschs Werke exklusiv, beiden kommt nun auch viel Aufmerksamkeit zu. Die posthume Karriere Nitschs hat eben erst begonnen.
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