Gartenbaukino sagt Lesung mit jüdischer Autorin ab

Deborah Feldman, Unorthodox, Judenfetisch
Es sei aktuell "schwierig bis unmöglich", den "Mehrwert einer solchen Veranstaltung" zu gewährleisten, heißt es. Deborah Feldman gilt als umstritten, sieht sich als Stimme des liberalen, jüdischen Lagers.

"Die Veranstaltung ist abgesagt!", steht auf der Website des Wiener Gartenbaukinos.

Die jüdische, deutsch-amerikanische Autorin Deborah Feldman hätte kommenden Sonntag im Gartenbaukino aus ihrem neuen Buch "Judenfetisch" lesen sollen. In dem Buch beschreibt sie ihre Erfahrungen als liberale Jüdin in Berlin und Israel. Es handelt vom "deutschen Verständnis", wie ein Jude zu sein habe und von dem Spagat zwischen religiösen Traditionen und einem modernen, liberalen Weltbild. Gleichzeitig übt Feldman teils heftige Kritik an Israel oder am Missbrauch einer jüdischen Identität, um in Deutschland sicher zu leben.

Das Buch gilt als umstritten, genauso wie Feldman selbst. In den vergangenen Wochen war sie in den deutschen Medien eine gefragte Interviewpartnerin, die für Schlagzeilen sorgt. Sie kritisiert etwa die deutsche Politik, jüdisches Leben nur selektiv zu schützen, nämlich das der orthodoxen jüdischen Gemeinde, und plädiert für einen Waffenstillstand im Krieg zwischen Israel und Gaza. Sie selbst sieht sich als Stimme des liberalen, jüdischen Lagers.

➤ Auch der KURIER hat mit Feldman gesprochen, das Interview lesen Sie hier.

Feldman wuchs in einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde in New York auf, flüchtete aus dieser als junge Frau und später nach Berlin. 2012 beschrieb sie ihre Flucht in ihrer Autobiografie "Unorthodox", die sie weltberühmt machte. 2020 verfilmte sie Netflix in einer gleichnamigen Serie.

"Schwierig, Mehrwert zu gewährleisten"

Das Gartenbaukino rechtfertigt die Absage wie folgt: "Was bei unserer Anfrage im September eine klassische Lesung zum aktuellen Buch samt anschließendem Gespräch gewesen wäre, hat durch die Ereignisse seit Anfang Oktober neue Themen und potenzielle Konfliktherde aufgetan. Wir sehen es in der aktuellen Stimmung - global wie lokal - als schwierig bis unmöglich an, die Sicherheit und den Mehrwert einer solchen Veranstaltung zu gewährleisten."

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Druck von außen habe es keinen gegeben, zitiert Standard Kino-Geschäftsführer Norman Shetler. Er habe sich seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober aber zunehmend gefragt, ob der Moment richtig sei für eine "potenzielle weitere Polarisierung in einer ohnehin aufgeheizten Zeit".

Bereits gekaufte Karten würden rückerstattet. Ob die Lesung zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet, ist nicht bekannt.

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