Frau Einstein hat genug von ihrem genialen Mann

Ehepaa Einstein um 1905
Hauptsache, Mileva Marić - die Physikerin und erste Ehefrau - tritt in einem Roman aus Einsteins Schatten.

Traue nie Herrn Einstein.

Zuerst rennt er dir nach, das heißt: Er ist Mileva Marić nachgelaufen, als beide ab 1896 in Zürich Physik und Mathematik studierten, und wenn er wollte, konnte er sehr, sehr liebenswürdig sein.

Da gab sie alles auf für ihn, obwohl sie sich – als eine der ersten Frauen überhaupt in diesen Hochschulfächern – so mühevoll einen Platz in der Wissenschaft erkämpft hatte.

Und nach der Heirat hat er, der Schürzenjäger, einer Geliebten gegenüber beteuert, seine Ehefrau sei "eine Angestellte, die ich nicht feuern kann". Außerdem sei sie "von ungewöhnlicher Hässlichkeit".

Dass der "Vater der Relativitätstheorie" einen schlechten Charakter hatte, weiß man spätestens seit Walter Isaacsons Biografie, die 2007 veröffentlicht wurde.

Ob Mileva die "Mutter der Relativitätstheorie" war, können Historiker nicht mehr klären. Ob SIE das Genie war oder ihrem Albert bloß beim Rechnen geholfen hat, bleibt ohne Antwort.

Ebenso, was mit dem ersten Kind der beiden geschehen ist. Lieserl verschwand bei Milevas Eltern in der Vojvodina. Wurde sie zur Adoption freigegeben? Starb sie an Scharlach?

Weiche Lippen

"Frau Einstein" ist ein Roman. Er erlaubt sich Freiheiten, um die Serbin Mileva Marić aus dem Schatten treten zu lassen.

Die Autorin, die amerikanische Rechtsanwältin Marie Benedict, betont, es sei nicht in ihrer Absicht gelegen, Albert Einsteins Verdienste zu schmälern.

Hat sie nicht. Hätte sie nicht zusammengebracht. "Frau Einstein" ist ja kein Sachbuch und kein Wissenschaftsroman geworden.

Ihr war wichtig, auf Mileva Marić aufmerksam zu machen. Dafür muss man ihr dankbar sein. Leider hat sie, nach vielversprechendem Beginn, eine Chance vertan.

Ein Messer hätte man spüren wollen. Unter scharfen Schnitten mitten ins Leben hätte man zucken wollen.

Die Erwähnung von Einsteins "weichen Lippen" wäre hingegen nicht oft notwendig gewesen. Auch hätte das ständige "Doxerl" (er) und "Jonzerl" (sie) in der "Neuen Post" gut ausgesehen.

Was will man? Die Anatomie dieser Ehe ... die damit begann, dass Einstein bei gemeinsamen Arbeiten tunlichst den Namen seiner Frau verschwieg; und die mit seiner berühmten Liste endete: Er bleibe nur dann bei ihr, wenn sie sich so verhält: Waschen, putzen, Essen servieren, keine Intimitäten, Sprechverbot, wenn er es verlange usw.

Da fehlte ihr Masse x Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat = Ruheenergie.

Mileva Marić ging. Dass sie jetzt bei uns vorbeischaut, ist die Hauptsache.


Marie
Benedict:

„Frau Einstein
Kiepenheuer
& Witsch.
368 Seiten.
20, 60 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

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