Die künstlerische Reise der Kiki Kogelnik, die nun in einer präzisen wie ästhetisch ansprechenden Ausstellung im Bank Austria Kunstforum in Wien nachvollziehbar gemacht wird (bis 25. 6.), lässt sich als ein Weg dieser Befreiung verstehen. Am Anfang, um 1960, versuchte sich die im Kärntner Bleiburg aufgewachsene Malerin noch mit gestisch-abstrakten, aber bereits ungehörig bunten Bildern gegenüber Wiener Heroen wie Arnulf Rainer – ihrem Kurzzeit-Verlobten – zu behaupten. Doch schon 1962 übersiedelte die Künstlerin nach New York, wo sie sich ein völlig neues Formenvokabular und neue Materialien aneignete.
Der Umstand, dass dies in Sichtweite von Pop-Heroen wie Claes Oldenburg oder Roy Lichtenstein geschah, überstrahlt bis heute die faszinierende Geschichte Kogelniks, die auch viel über kulturelle Unterschiede erzählt. Denn während Europäer bis heute ihr Vorurteil gegenüber der „oberflächlichen“ Kultur der USA pflegen, begriff Kogelnik diese sofort als Potenzial: In ihren Bildern wurden menschliche Körper zu bunten Silhouetten und zu formbaren, tragbaren Zeichen (in einem Druck von 1968, „Flight“, ist ein männliches Reproduktionsorgan als Tragtasche wiedergegeben).
Zugleich kultivierte Kogelnik die – im Instagram-Zeitalter höchst aktuelle – Kunst, selbst zum Bild zu werden: Mit auffälligen Outfits, Sonnenbrillen und Hüten, oft gemustert mit Punkten, Streifen oder Leoparden-Prints, verwischte die Künstlerin die Grenzen zwischen sich selbst und der Oberfläche ihrer Bilder. Anders als viele in Österreich gebliebene Kolleginnen fürchtete sie sich niemals vor dem Ornament.
Dass die Flachheit der Zeichen keinesfalls die Verflachung der künstlerischen Aussage bedingt, zeigt die von Lisa Ortner-Kreil klug zusammengestellte Auswahl von Hauptwerken in der Schau. Großartig sind die Gemälde der Serie „It Hurts“ (1974 – ’76), in denen Kogelnik Figuren in Glamour-Posen mit einer knallgelben Schere oder einem Säurekanister kombinierte, um tiefe Verletzlichkeit im Modus der totalen Oberfläche darzustellen. Im Bild „Ecce Homo“ („Sieh da, ein Mensch“) blickt eine Lady im Hosenanzug auf eine ausgeschnittene menschliche Silhouette am Kleiderhänger – solche Objekte, „Hangings“ genannt, fertigte Kogelnik ab 1968 vielfach an.
Was sind wir also abseits unserer Haut, unserer Kleidung, unserer Masken und unseres Images? Es ist eine Leistung der Schau zu zeigen, dass solche Fragen Kogelniks Kunst im Hintergrund stets durchziehen. Auch ihre späten, zum Logo gewordenen Köpfe, die sich – in Muranoglas und anderen Materialien gefertigt – ein bisschen zu gut als Deko-Objekte eignen, werden im Kontext der Ausstellung ihrer Harmlosigkeit beraubt. Nicht zuletzt durch ein Keramik-Objekt am Ende des Parcours, das auf einer Seite das bunte Antlitz mit der Igelfrisur zeigt, auf der anderen aber einen Totenschädel. Das Werk, „Carpe Diem“ betitelt, entstand 1993. Es war das Jahr, in dem Kogelnik erfuhr, dass sie Krebs hatte. Die Krankheit sollte sie 1997, mit 62 Jahren, das Leben kosten.
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