Keine Ahnung, wie andere Feuerwehrmänner ihren Tag beginnen, aber in Paris singen sie zuerst einmal die Nationalhymne. Und zwar aus voller Brust. Danach wird salutiert und der toten Kameraden gedacht, ehe es mit dem morgendlichen Drill losgeht: Liegestütz und Lauftraining, als stünde man knapp vor einem Militäreinsatz. Doch das Einsatzgebiet sind die Straßen von Paris, Autounfälle, Herzinfarkttote und brennende Lagerhallen.
Am vorderster Front steht Brandmeister Franck, der mit Leib und Seele seine Arbeit als Feuerwehrmann verrichtet und am liebsten mehrmals täglich Leben rettet. Nebenbei ist er hingebungsvoller Ehemann einer entzückenden Frau und bald auch Vater hinreißender Zwillingstöchter. Sein Leben ist so perfekt, dass es fast schon weh tut.
Ein schwerer Feuerunfall setzt dem Familienidyll ein jähes Ende und bringt Franck an den Rand des Todes. Danach ist nichts mehr wie früher – inklusive seinem Gesicht, das durch den Brand schwer entstellt wurde.
Der Franzose Pierre Niney, bekannt durch seine kongeniale Verkörperung von Mode-Star Ives Saint Laurent, lässt die etwas stereotype Geschichte vom tapferen Feuerwehrmann, der nach schwerem Unglück zurück ins Leben finden muss, durch sein feinfühliges Spiel von ihrer Erwartbarkeit abweichen.
Besonders im Mittelteil, wo Franck mit Schrecken den Zustand seines beschädigten Gesichts entdeckt, in Wut und Selbstmitleid verfällt und seine Frau entfremdet, entfaltet Niney ergreifend dramatisches Potential.
Quälende Therapie
Überhaupt liegt die Stärke von Regisseur Frédéric Tellier vor allem im realistischen Detail – sei es während der Feuerwehreinsätze, sei es während quälender Therapiestunden im Spital: Mit kompetenter Regiehand – und manchmal auch wackelnder Kamera – erzeugt er selbst dort Spannung, wo die wenig originelle Geschichte eigentlich kaum eine zulässt.
Pierre Niney wiederum macht spürbar, wie schwer es ist, sich nicht unter den Trümmern seines eigenen Lebens begraben zu lassen.
Und was es bedeutet, sein Gesicht zu verlieren.
INFO: F 2018. 116 Min. Von Frédéric Tellier. Mit Pierre Niney, Anaïs Demoustier.
Filmkritik zu "Fritzi - Eine Wendewundergeschichte": Flucht in den Westen
30 Jahre nach dem Mauerfall ist deutsche Geschichte reif für einen Animationsfilm für Kinder. „Fritzi war dabei“ heißt ein Buch von Hanna Schott, das den Fall der Berliner Mauer aus der Kinderperspektive erzählt. Lose darauf basierend, fertigte das Regie-Duett Ralf Kukula und Matthias Bruhn seine Geschichte im Stile eines fein gezeichneten Trickfilms in warmen Farben an.
Als ihre beste Freundin Sophie nach dem Ferien von 1989 nicht mehr nach Leipzig zurückkehrt, wird Fritzi schmerzhaft bewusst, dass sie in den Westen geflüchtet ist. Die Regisseure betten ihre niedliche Coming-of-Age-Story sorgsam in den Umbruchskontext ein; und obwohl etwas klischeehaft, gelingt ihnen ein stimmungsvolles, kinderaffines Bild von der DDR in ihren Endzügen.
INFO: D/LUX/BEL/CZE 2019. 86 Min. Von Ralf Kukula und Matthias Bruhn.
Filmkritik zu "Dora und die goldene Stadt": Mädchen auf Dschungelabenteuer
Eine Art „Indiana Jones“, „Tomb Raider“ oder „Jumanji“ für ein jugendliches Publikum – gendergerecht mit einer weiblichen Heldin ausgestattet: Der Film basiert auf der für ein kindliches Publikum gedachten Zeichentrickserie, die zwischen 2000 und 2014 auf Nickelodeon lief und es auf immerhin acht erfolgreiche Staffeln brachte.
In der Kinoversion ist Dora keine Trickfigur mehr, sondern wird von einer Schauspielerin gespielt, die außerdem rund zehn Jahre älter ist als im Original. Offenbar hat sich das produzierende Studio Nickelodeon erhofft, damit nicht nur ein kindliches Publikum anzusprechen. Mit Erfolg: Weltweit konnte der Film schon mehr als das Doppelte seiner Kosten wieder einspielen.
Dora und die goldene Stadt
Dora ist also in dieser Version ein 16-jähriger Teenager, als ihre Eltern im Dschungel Südamerikas nach einer sagenumwobenen Stadt der Inka suchen wollen. Dora soll in dieser Zeit bei Verwandten in Los Angeles bleiben. Dort bekommen sie und ihr ebenfalls im Dschungel aufgewachsener Cousin schon bald ganz andere Probleme: Dora wird entführt. Sie soll die Kidnapper zu ihren Eltern bringen – in der Hoffnung, dass diese in Peru die geheimnisvolle Inka-Stadt mitsamt den sagenumwobenen Reichtümern gefunden haben.
Jugendgerechte Unterhaltung steht immer im Vordergrund und die Schurken sind daher nie wirklich abgefeimt. In einer recht witzigen Referenz auf das Original werden Dora und ihre Freunde Opfer von halluzinogenen Sporen und sehen einander – solange sie davon noch high sind – als Zeichentrickfiguren.
Text: Gabriele Flossmann
INFO: USA/MEX/AUS 2019. 102 Min. Von James Bobin. Mit Isabela Moner, Eugenio Derbez.
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