„Iron Man“-Regisseur und Schauspieler Jon Favreau hat bereits mit der Realverfilmung von Disneys „Dschungelbuch“ die Muskeln der Spezialeffekte spielen lassen und aus dem heiteren Trickfilm rund um das Menschenkind Mogli ein tonnenschweres Drama veranstaltet.
Ein ähnlicher Effekt stellt sich auch bei „Der König der Löwen“ ein: Das visuelle Spektakel donnert atemberaubend über die Filmbreitwand, musikalisch umdröhnt – wie bereits im Original – von Hans Zimmers massivem, Pathos-geladenem Orchestersound. Songhits zum Wiedererkennen wie „Circle of Life“, „Can You Feel the Love Tonight?“ und „Hakuna Matata“ sind wieder mit dabei, flankiert von zwei neuen Liedern: „Spirit“ von Beyoncé, die im Original die Stimme von Simbas Freundin Nala spricht; und Elton Johns „Never Too Late“.
Ohnehin gibt es viel Wiedererkennungswert, wiewohl auch kleinere Abweichungen: Nala, die Junglöwin, kann sich im Jahr 2019 beim Raufen lässig gegen den angeberischen Simba durchsetzen, und auch die anderen Löwinnen erweisen sich als tapfere Kämpferinnen.
Der Kern der Geschichte aber bleibt (leider) unangetastet. Die (amerikanische) Fixierung auf eine Vater-Sohn-Beziehung bewegt sich in schicksalhaften Höhen, wo ein Junge (wieder einmal) den König und Anführer in sich finden muss: Der kleine Simba, Sohn des gebieterischen Löwenkönigs Mufasa, fällt einer Intrige seines bösen Onkels Scar zum Opfer. Nach dem Tod seines Vaters verlässt Simba die Heimat und findet Freunde im Dschungel. Warzenschwein Pumbaa und Erdmännchen Timon bringen ihm ihr leichtfüßiges Lebensmotto „Hakuna Matata!“ („Keine Sorgen“ auf Swahili) bei.
Doch mit der Leichtfüßigkeit ist es in der Realverfilmung sowieso vorbei. So eindrucksvoll die sprechenden, perfekt bis in die Schwanzspitze animierten Tiere auch sein mögen, so herzig sie sind, wenn es sich um kleine Löwenbabys handelt: Echt aussehende Tiere wirken meist weniger komisch als solche, die aus der Hand (oder dem Computer) eines guten Cartoonisten stammen.
Die typischen, stilistischen Niedlichkeiten klassischer Disney-Animationen lassen sich auf real aussehende, flauschige Tierkinder übertragen; der hintergründige, nuancenreiche Ausdruck eines gezeichneten Tiergesichts, das die Augenbraue heben oder grimmige Stirnfalten ziehen kann, nicht. Das Antlitz eines echt aussehenden Löwen ist wirklich beeindruckend, wenngleich tendenziell humorlos: Der Witz, den ihm ein gevifter Cartoonist in einer Zeichnung verleihen kann, geht verloren.
Diese Verschiebung Richtung Gravitas schlägt sich auf die gesamte Realverfilmung nieder. Auch die Trickfilmfassung kannte viele dramatische Momente, keine Frage. Doch als Live-Action wirkt das Drama um den Tod des Vaters schwerer, die Intrige des Onkels infernalischer, die Herrschaft der geifernden Hyänen horribler.
„König der Löwen“, der Animationsfilm, war ein Riesen-Hit in vielen Kinderzimmern. Für das Remake schadet es nicht, wenn man älter geworden ist.
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