Kinder machen sich ihre Gedanken über den Tod, betont Psychiater und Buchautor Irvin Yalom gegenüber der Washington Post: "Kinder beschäftigen sich schon in einem frühen Alter mit dem Tod und das kann sie sehr belasten. Filme, die sich damit beschäftigen, können ein konstruktiver Weg sein, sich mit diesen Ängsten auseinanderzusetzen."
Psychologin Sandra Teml-Jetter sieht das auch so: "Man soll als Familie heiklen Themen nicht aus dem Weg gehen. Der Tod wird oft tabuisiert. Ich finde es in 'König der Löwen' schön, dass Simba auch trauert und sich die Geschichte dann weiterentwickelt. Davor muss man Kinder nicht fernhalten."
Sie erinnert sich an Erlebnisse aus ihrer eigenen Kindheit: "Ich habe bei 'Bambi' und 'Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen' sehr geweint. Der Unterschied ist: Wir wurden damals nicht so begleitet von den Eltern. Da hat es eher mal geheißen: Reiß dich zusammen. Das ist ganz schlecht für ein Kind."
Tatsächlich kommt der Tod in vielen Kindergeschichten und Filmen vor. Die Szene am Anfang von "Findet Nemo", bevor der kleine Fisch als einziger seiner Familie übrigbleibt. Im "Dschungelbuch" hat nur Mogli den Angriff auf die Familie überlegt. Im Erfolgsfilm "Eiskönigin" sterben die Eltern bei einem Bootsunfall.
Eine US-Analyse zeigte sogar, dass in Kinderzeichentrickfilmen doppelt so oft wichtige Figuren gewaltsam sterben als in Erwachsenenfilmen. Und dabei geht es nicht nur um die heutigen, angeblich actionerfahrenen Kinder: Schon in "Bambi" im Jahr 1942 erlebten die kleinen Zuschauer hautnah mit, wie Bambis Mutter von Jägern erschossen wurde.
Nur weil ein Kind die Geschichte schon aus dem Buch kennt, können die Bilder trotzdem verstörend sein - das war auch die Diskussion bei den Harry-Potter-Filmen. Schließlich ist eine Filmdramaturgie darauf angelegt, die Spannung zu verstärken.
Wie Kinder ihre Gefühle verarbeiten, lernen sie von ihren Eltern, meint Teml-Jetter: "Wenn Eltern Emotionen zulassen und zeigen, können das auch die Kinder. Sonst lernen sie eben, das zu unterdrücken."
Ob ein Kind besser oder schlechter mit Spannung und dramatischen Situationen im Film umgehen können, sei oft nicht leicht zu erkennen: "Manche tragen es nach außen, manche nach innen."
Sieben Tipps: So planen Sie einen Kinobesuch mit Kind
- Bei jedem Film steht im Kinoprogramm oder auf der DVD eine Altersfreigabe, die als Empfehlung gilt und von Kinos vor allem bei Kindern, die alleine in die Vorstellung gehen, manchmal auch umgesetzt wird. In Österreich gibt es außerdem eine genauere Bewertung und Empfehlung der Jugendmedienkommission, in der mehr Zusammenhänge erklärt und Empfehlungen abgegeben werden. Der neue "König der Löwen" ist ab 6 Jahren freigegeben.
- Besprechen Sie mit ihrem Kind die Geschichte, insbesondere mögliche heikle Aspekte davon. Man muss keine Angst vor einem Spoiler-Alarm haben (nur vielleicht nicht die Überraschungspointe verraten): Kinder hören und sehen ja Geschichten gerne öfter an.
- Sehen Sie sich gemeinsam den Trailer an, da erkennen Sie schon, ob der Film zu aufregend ist, Bildsprache, Schnitt, Tempo und Musik sorgen für zusätzliche Aufregung. So kann man gemeinsam abschätzen, ob der Film einen sympathischen Eindruck macht.
- Sagen Sie Ihrem Kind klar, dass sie jederzeit gehen können, wenn es sich nicht wohlfühlt, und klären Sie das gegebenenfalls mit begleitenden anderen Kindern und Eltern ab. So kommt das Kind nicht in eine scheinbar ausweglose Situation. Es hat selbst die Möglichkeit, sich zu helfen.
- Lassen Sie Ihr Kind spüren, dass Sie da sind. Hand drücken bei einer heiklen Szene kann dem Kind helfen, die Aufmerksamkeit auf die reale Situation zu fokussieren statt auf die dramatischen Bilder auf der Leinwand.
- Spielen Sie die Angst Ihres Kindes nicht herunter: Es hilft nicht, einem kleinen Kind zu sagen, dass es ja nur ein Film ist. Im Gegenteil: Es wird sich schämen, seine Angst zu formulieren - vor allem wenn andere Kinder dabei sind.
- Besser ist, bei der Nachbesprechung auch eigene Unsicherheiten zuzugeben: "Ich fand es sehr traurig. Wie ging es dir?" Eine Szene wie in König der Löwen berührt ja auch Erwachsene, so Teml-Jetter: "Ich weine da auch - und das Kind sieht, dass das ok ist." Sie warnt nur davor, solche Gespräche zu "pädagogisieren": "Man geht ja trotzdem ins Kino, um sich zu unterhalten."
Doch so können Kinder das Wichtigste lernen, was sie für ihr Leben brauchen: Auf ihre eigenen Grenzen achten und sich vor etwas schützen, das ihnen schadet. Teml-Jetter: "Wichtig ist die Resilienz, die Widerstandsfähigkeit, des Kindes zu stärken. Bei einer unangenehmen Situation kann es die Augen zumachen oder hinausgehen, um keinen Schaden zu nehmen." Im wirklichen Leben ist das nicht so leicht.
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