Filmkritik zu "Ciao Chérie": Telefonkabine als Drehscheibe zur Welt

Anrufe von Wien nach Togo, um Stimmen aus der Heimat zu hören: "Ciao Chérie"
In ihrer schnen Einraum-Doku beobachtet Nina Kusturica Menschen bei ihren Telefonaten in einem Wiener Call Shop.

Wer günstig ins Ausland telefonieren will, geht in den Call Shop. Zum Beispiel in den auf der Neulerchenfelderstraße, im 16. Wiener Gemeindebezirk. Eine junge Afrikanerin telefoniert dort nach Togo, um eine Stimmen von zu Hause zu hören. Eine Japanerin sucht den Kontakt zu ihrem italienischen Liebhaber, der leider immer seltener abhebt. Ein junger Afghane hält die Hand seiner Wiener Freundin, während ihm die Verwandten am anderen Ende der Leitung bereits die Braut ausgesucht haben.

Nina Kusturica eröffnet in ihrem schönen Einraum-Film, der kaum die vier Wände des Call Shops verlässt, eine ganze Welt und ihre Vielfalt – an Sehnsüchten, Identitäten und verlorenen Heimaten. Anstatt Multikulturalität zu predigen, entfaltet sie kleine Vignetten, die in der Neulerchenfelderstraße zum Blühen gebracht werden. Und immer wieder findet die Kamera neue Perspektiven, um ihre Blicke zu werfen.

INFO: A 2018. Von Nina Kusturica. Mit Nahoko Fort-Nishigami, Sikavi Agbogbe, Simonida Selimovic.

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