Feuchtes Dacapo fürs Adieu

Das Weltmusik-Quintett Bratsch begeisterte mit jiddischen, griechischen, osteuropäischen und italienischen Klängen
Bratsch sagten in der Arena nun endgültig ade. Zuvor regierte der Zydeco in Erdberg.

Die Arena dampfte vor Schweiß, Tränen, Emotionen. Der letzte Wiener Auftritt der französischen Weltmusiker Bratsch geriet heißblütig, wehmütig und laugte selbst die Tapfersten aus. Es galt, diesen fantastischen Musikern, die von Liebe, Brüderlichkeit und ewigem Weiterwandern singen, zu zeigen, wie sehr man sie liebt, und wie sehr man sie vermissen wird.

Doch die Hitze lag wie Blei auf den Begeisterungsbekundungen. Immerhin eine Zugabe konnte man herausreißen. Wien ist halt nicht Sevilla, und die Rock-schwingenden Frauen vor dem Bühnenrand sind keine Flamenco- tänzerinnen. Viele gaben schon bei der Halbzeit auf und stellten das Beckenkreisen ein. Zu Herzausreißern wie "Siamo tutti fratelli" – "Wir sind alle Brüder", vorgetragen von fünf gemeinsam gealterten Männerstimmen, reicht auch ehrfurchtsvolles Mitsummen. Zwischenapplaus gab’s für das feierliche Stamperl-Trinken. Bei Dan Gharibian, wie versunken an seiner Gitarre, wirkt das wie Teil des Jobs. Neben ihm Bandgründer Bruno Girard (Geige) mit Sohn Théo (Bass), François Castiello (Akkordeon) und Nano Peylet (Klarinette). Sie scheinen um ihr Leben zu spielen. Der Griechen-Hit "opa ni na naï" (bei uns bekannt durch Nana Mouskouris Vorwegnahme der deutschen Grexit-Drohung "Für die kleinen Sünder geht das Leben schnell vorbei"), entfesselte den Saal endgültig. Im Abschiednehmen haben Bratsch Übung. Als sie im Frühjahr im Metropol Adieu sagten, tobten die Leut’. Tränen flossen. Die Balkan-Jazzer gehen Ende 2015 nach 41 Jahren auseinander, um eigene Wege zu verfolgen. Friedl Preisl, Chef des Akkordeon-Festivals, soll sich seine Karte für das letzte Konzert in Paris schon gesichert haben. Die Ungeduld ließ ihn die fantastischen Fünf dankenswerterweise nun nach Wien zurückholen.

Zum ersten Act des Abends: Dass Akkordeon-Legende Otto Lechner (und seine Begleiter wie Gitarrist Klaus Trabitsch!) unglaublich gut sind, wussten wir. Zydeco-Spezialist George Butrumlis aus Melbourne ist eine Entdeckung. Sein Zydeco regierte Erdberg.

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