Bundespräsident Alexander van der Bellen schickte zur Pressekonferenz eine Videobotschaft, in der er den Umstand lobte, dass sich eine Veranstaltung in Wien mit dem Problem von Propagandabildern, dem Wahrheitsgehalt von Fotos und mit „Deep Fakes“, also trügerischen Fälschungen von Fotos und Videos, befasst.
Er traf damit auf ein sensibilisiertes Publikum: War das Video vielleicht selbst ein „Deepfake“? Waren die Handbewegungen des Präsidenten vielleicht einen Tick zu stereotyp, die Tapetentür zu kulissenhaft?
Mit Hofburg-Qualitätsstempel
„Das Video ist echt“, sagte Felix Hoffmann. Man musste ihm das glauben – und eingestehen, dass es mit der eigenen Schlauheit beim Durchschauen von Fakes nicht allzu weit her ist. Für das Festival „Foto Wien“, für das Hoffmann als Leiter der neuen städtischen Institution „Foto Arsenal“ heuer erstmals verantwortlich zeichnet, hat der Kurator jedenfalls das Motto „Photography Lies“ (Die Lügen der Fotografie) ausgegeben. Denn auch schon vor der Digitalisierung war es mit der Wirklichkeitsnähe der Bilder nicht allzu weit her. Und dafür sensibilisieren kann ein Festival allemal.
„Foto Wien“ versteht sich einerseits als Dach für Foto-Aktivitäten, die an Wiener Kunst-Orten vom Großmuseum bis zur Pop-Up-Galerie stattfinden; nicht weniger als 110 Austragungsorte zählt der Programmfolder.
Bilder, Computer und Raketen
Hoffmann will aber insbesondere in den Eröffnungstagen zeigen, dass „die Rakete zündet“, wie er sagt: Im MuseumsQuartier (in den Bereichen Freiraum und Salon) wird ein Marathon von Vorträgen, Diskussionen und Workshops abgespult. Insbesondere am Samstag steht dort das Thema des digitalen Bilds zur Debatte.
Auf eine Diskussion über künstliche Intelligenz (KI) und Deep Fakes (18 Uhr) folgt dabei ein „Prompt Battle“: Wie bei einem -Wettbewerb Rap-Phrasen wird dabei eine KI-Bildsoftware mit Schlagworten gefüttert, das beste KI-generierte Bild gewinnt. ImZoom Kindermuseum gibt es einen „Newsroom“, in dem junges Publikum den Umgang mit Nachrichtenbildern und Fakes spielerisch erlernen kann (Fr 13.30 und 15.15 Uhr; Sa, So 13.45 und 15.45 Uhr).
Zusätzliche Anker der Veranstaltung sind drei Ausstellungen im MQ (zu sehen bis 20. 8.). Hier sticht vor allem die Schau „Crossing Lines – Politics of Images“ hervor, für die Hoffmann mit Co-Kuratorin Kateryna Radchenko als eine Art Echoraum für die Auseinandersetzung mit dem Ukraine-Krieg geschaffen hat.
Nicht nur aktuelle Fotos – etwa Dokumente der Belagerung von Mariupol 2022 aus der Kamera des Journalisten Evgeniy Maloletka – sind hier zu sehen, sondern auch Aufnahmen, die die Ukraine in anderen Kontexten zeigen. So lichtete der Fotograf Robert Capa von der Agentur Magnum 1947 das im 2. Weltkrieg bombardierte Kiew ab; der aus Charkiw stammende Boris Mikhailov legte in den 1990ern ein Tagebuch der post-sowjetischen Realität an.
Neben Videos, die den ukrainischen Himmel – und die ständige Bedrohung von Luftangriffen – zeigen, liegt die VOGUE-Strecke von Starfotografin Annie Leibovitz auf, die Präsident Selenskiy und seine Frau Olga in Kiew aufsuchte: Im Westen kritisierten viele den Kriegsglamour, in der Ukraine hatte man weniger Probleme damit.
Was also sind die „wahrhaftigen“ Bilder? Wer kann sie anfertigen, wer darf über sie urteilen? Es schwirren viele große Fragen durch dieses Programm. Am Ende könnte ein wenig mehr Bild-Kompetenz für alle stehen.
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