Rosen ohne Dornen streute Bertlmann am Dienstag aber Gabriele Schor, der Leiterin der „Sammlung Verbund“: Sie sei die erste gewesen, die vor 12 Jahren bei ihr mit dem Wunsch vorstellig geworden sei, im Werk „zu wühlen“.
Tatsächlich wäre der Aufstieg von Bertlmann und ihren Generationsgenossinnen ohne das ausdauernde wie strategische Vorgehen der Sammlungschefin wohl anders verlaufen: In einer Zeit, wo Futuristen, Surrealisten und andere kämpferische Künstlergruppen längst nur mehr als historische Erscheinungen galten, rief Schor die „Feministische Avantgarde“ als Kunstphänomen aus und arbeitete daran, das Begriffsgefäß mit Inhalt zu füllen.
Zwar hatten sich Künstlerinnen bereits in den 1970ern organisiert, um mehr Beachtung zu finden: Die Gruppe IntAkt (u. a. mit Bertlmann, Linda Christanell, Karin Mack und Margot Pilz) war in Wien etwa eine wichtige Keimzelle. Werke dauerhaft am Markt und in Museen zu verankern, gelang den Vereinigungen aber nicht. „Einige Arbeiten lagerten jahrzehntelang in Schachteln“, sagt Schor, die nun in der „vertikalen Galerie“ der Verbund-Zentrale erstmals eine Gruppenschau der „Feministischen Avantgarde“ mit ausschließlich österreichischer Beteiligung zeigt (bis 6. 6.).
Zuvor war es aber wichtig, gewesen, den Konnex zwischen Österreicherinnen und internationalen Verwandten herzustellen: Eine entsprechende Zusammenstellung tourt seit gut zehn Jahren durch Institutionen, 2017 war sie im Wiener mumok zu sehen.Es ist ein „Private Public Partnership“, das funktioniert: Museen, die das Sammeln feministischer Kunst lang verabsäumt hatten, können dank der privat dotierten Verbund-Sammlung interessante Bestände ausstellen und adeln diese zugleich mit institutionellem Renommee.
Zugleich konnte Schor mit verhältnismäßig geringen Mitteln beträchtliche Bestände aufbauen: Denn obwohl der Marktwert von Pionierinnen wie Valie Export oder Renate Bertlmann mittlerweile angestiegen ist, sind Werke eines großen Teils der „Feministischen Avantgarde“ weiterhin um relativ wenig Geld zu haben.
Die Nachfrage wird mittlerweile aber von vielen Seiten befeuert: So freut sich Linda Christanell – 2017 mit einer Schau im Belvedere präsentiert –, dass ihr Werk auch in der Überblicksschau der „Albertina Modern“ im Künstlerhaus vorkommen wird. Die Albertina – lange kein Hort des Feminismus – richtete 2018 wiederum der Künstlerin Florentina Pakosta eine große Schau aus, der Verbund zog seinerseits mit Werk-Ankäufen nach.
Für Schor ist diese Dynamik zweifellos auch ein persönlicher Triumph: „Es kann heute keine Überblicksausstellung mehr ohne diese Frauen stattfinden“, sagt sie.
Info: Aktuelle Ausstellungen
Discordo Ergo Sum („Ich wiederspreche, also bin ich“) war der Titel von Renate Bertlmanns Beitrag zur Venedig-Biennale 2019. Eine Variation ist bis 30.8. im Oberen Belvedere zu sehen.
16 Jahre gibt es die „Sammlung Verbund“. Ebenso viele Künstlerinnen zeigt die Schau „Feministische Avantgarde. Made in Austria“ bis 6.6. am Hof 6a, 1010 Wien. Die Ausstellung ist Mittwoch (18.30 – 19.30) und Freitag (16–17 Uhr) mit Führung zu besuchen (Anmeldung: sammlung@verbund.com)
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