Den Puppenspielern Soffi Povo und Christoph Bochdansky gelingt im Wiener Schubert Theater eine schlüssige Faust-Interpretation (Premiere war am Freitag). Das Schicksal des sagenhaften Georg Faust wird hier als, so der Untertitel des Stücks, „der Tragödie Allerlei“ verhandelt: Vom Volksbuch „Historia von Dr. Johann Fausten“ über Christopher Marlow, die diversen Puppentheater-Interpretationen bis hin zu Goethe. Auf der winzigen, dunklen Bühne des Schubert-Theaters hat man so gut wie keine Requisiten. Doch die vielseitigen Puppenspieler verstehen es, mit einem schlichten Leintuch Welten zu erschaffen (Inszenierung: Simon Meusburger). Auch ihre Puppen sind karger als viele, die man sonst hier sieht. Faust wird wieder jung, indem man ihm den Bart abschneidet und eine jüngere Stimme gibt (die Darsteller tauschen Rollen), Gretchens Leid wird in einem Satz zusammengefasst und Mephisto vom Kasperl trefflich vorgeführt.
Die Goethe-Zitatenschleuderei wird gleich zu Beginn vom Pudel erledigt, der ein Best-of-Faust herausbellt und einen Gutteil der Zitaten-Schlager kurzerhand für sich reklamiert, was natürlich sehr lustig ist (insbesondere, wenn er den „Kern“ zu erkennen vermeint).
Apropos lustig: Darin liegt auch das Problem. Stellenweise neigt die Textfassung (Povo und Bochdansky) zu brachialer Vereinfachung. Wenn nicht gar Themenverfehlung, wenn etwa die Frage gestellt wird, ob es nicht irgendwie grauslich sei, wenn ein alter Mann sich an eine 14-Jährige heranpirsche.
Großartig hingegen ist das Puppenspiel selbst. Bochdansky und Povo sind erstaunliche Künstler, die alle Facetten des Puppentheaters beherrschen.
KURIER-Wertung: 4 von 5 Sternen