Dieser Teufelspakt ist vor allem ein Fest für die Ohren

Erwin Schrott bei einem Konzert in Hamburg. In Wien brilliert er als Méphistophélès.
Kritik: Gounods "Faust" in Top-Besetzung.

Musikalisch großartig, szenisch aber inexistent – auf diesen Nenner lässt sich die aktuelle Spielserie (Reprisen: 5., 10. Mai) von Charles Gounods "Faust" im Haus am Ring bringen. Denn in der bereits bei der Premiere 2008 kaum vorhandenen Inszenierung (nach einer Idee von Nicolas Joel) ist von allen Sängern Eigeninitiative gefragt, um die Geschichte rund um Teufelspakt, Schuld, Sühne, Himmel und Hölle zum Leben zu erwecken.

Die Staatsoper aber verfügt über Künstler, die Gounods (sehr frei) auf Goethe basierendes Werk so richtig zum Klingen bringen, die auch interessante Charaktere formen. An der Spitze: Erwin Schrott als fabelhafter Méphistophélès. Schrott zeichnet diesen Teufel als androgynes, zynisches, von seiner eigenen Coolness berauschtes Wesen. Und der Bassbariton bringt eine große Portion Humor mit ein.

Tödlicher Schalk

Dieser Méphistophélès ist ein spielfreudiger Strippenzieher, dem der (tödliche) Schalk im sprichwörtlichen Nacken sitzt. Auch vokal überzeugt Schrott mühelos. Sogar dann, wenn er mit den vorgeschriebenen Noten eher frei umgeht. Und so wird nicht nur das berühmte "Rondo vom goldenen Kalb" zu einem Hörgenuss.

Denn auch Piotr Beczala als Faust lässt kaum Wünsche offen. Der Tenor singt diese Partie extrem kultiviert, mit sicheren Höhen, vor allem aber wunderschönen Lyrismen und gibt auch darstellerisch alles. Beczala zeigt in jeder Phase, warum er zu den besten seines Fachs gehört. Eine Freude!

Starkes Ensemble

Gleiches gilt für Sonya Yoncheva als berührende Marguerite. Yonchevas Sopran ist für diese Partie ideal; die Sängerin punktet in innigen Szenen ebenso wie in dramatischen. An ihrer Seite gibt Adrian Eröd wieder einen exzellenten Valentin, dessen bekanntes Gebet zu einem Höhepunkt wird. Erfreulich agieren auch Jongmin Park (Wagner), Stephanie Houtzeel (Siébel), Aura Twarowska (Marthe) sowie der gute Staatsopernchor.

Das wäre aber nur die halbe Miete, stünde nicht mit Bertrand de Billy ein ausgezeichneter Dirigent am Pult des starken Orchesters, der perfekt zwischen französischem Esprit, feiner Melodienseligkeit und packender Dramatik changiert. Jubel!

KURIER-Wertung:

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