Des Zaren goldene Überraschungseier

50 Ostereier schuf Fabergé für die Zaren. Das KHM zeigt vier davon, u. a. jenes mit einem Modell des Kreuzers "Pamjat Asowa" aus dem Jahr 1891
Die Schau im KHM erzählt auch von den letzten Tagen am russischen Zarenhof.

Das letzte Ei wurde produziert, als die Russische Revolution begann: Das "Sternbild des Zarewitsch" wurde 1917 in St. Petersburg hergestellt und sieht nicht so aus, wie man sich Fabergé-Preziosen gemeinhin vorstellt – golden, überladen, detailliert.

Das dunkelblaue Glas-Oval auf seiner wolkenförmigen Unterlage mutet im Vergleich fast schlicht an: Bergkristall, Diamanten und blaues Kobaltglas. Ursprünglich für die Zarin zu Ostern gedacht, blieb es unvollendet. Die Revolution beendete das Handwerk von Carl Fabergé, ab 1885 Hoflieferant für die letzten russischen Zaren.

Dieses kaiserliche Osterei, Symbol für das Ende des Russischen Reiches und der 300-jährigen Herrschaft des Hauses Romanow, ist ab heute für knapp 14 Wochen im Wiener Kunsthistorischen Museum zu sehen. Angereist mit ihm ist Elena Gagarina, Direktorin des Kreml-Museums, das die größte Sammlung von Fabergé-Eiern besitzt: zehn von heute noch 42 erhaltenen – 50 wurden ursprünglich angefertigt. Gagarina zeigte sich im Pressegespräch begeistert von der flächendeckenden Plakatierung Wiens mit den Eier-Ankündigungen. Wir befinden uns seit 2013 offiziell im regen Austausch mit Russland: Die österreichische Kultursaison in Russland und die russische Kultursaison in Österreich dauern bis 2015.

Eisenbahn

Tatsächlich ist nicht nur das letzte Zaren-Ei, sondern die ganze Ausstellung weniger opulent, als man vermuten könnte. Zwar sind etliche der nun im KHM ausgestellten 160 kaiserlich-russischen Kunstgewerbe-Objekte aus dem Kreml-Museum und dem Mineralogischen Museum in Moskau Schaustücke von beinahe überfordernder Optik: Etwa das Osterei mit einem Modell des Kreuzers "Pamjat Asowa" aus dem Jahr 1891 und das Osterei mit dem funktionstüchtigen Modell eines Zuges der transsibirischen Eisenbahn (1900): Die beiden Kleinode stehen im Zentrum der Schau, die mit einem Oval inmitten des violett ausgemalten Austellungsraumes beginnt. Wo außerdem allerlei aufwendige Gebrauchsgegenstände wie Zigaretten- oder Tanzkartenetuis von Fabergé sowie anderer zeitgenössischer Goldschmiede- werkstätten ausgestellt sind.

Besonderes Augenmerk liegt auf einer unbekannteren Sparte der russischen Kunstproduktion, dem Steinschnitt, der den Übergang zum Jugendstil zeigt.

Die an Objekten überschaubare Ausstellung ist vor allem mit den Begleittexten, die in den historischen Kontext einordnen, zu empfehlen, auch der Katalog lohnt die Anschaffung. Wer nur wegen kurioser Preziosen und technischer Überraschungen kommt, ist in der Kunstkammer besser aufgehoben.

"Fabergé hat – ich kann es nicht anders ausdrücken – Markenappeal", sagt Helen Culver Smith. Die Chefexpertin für russische Kunstobjekte bei Christie’s London, die zur Eröffnung der KHM-Schau am Montag nach Wien anreiste, sieht viele Parallelen zwischen dem russischen Juwelier und modernen Luxusmarken wie etwa Gucci oder Cartier.

"Es gab die Top-Objekte für die Zarenfamilie, aber auch Handelsware – etwa emaillierte Bleistifthalter, Bilderrahmen oder Spazierstock-Knäufe, die als Luxusgüter für die Bourgeoisie gemacht waren", erklärt Culver Smith. "Dann gab es Kabinettstücke, die vom Zaren etwa an Botschafter geschenkt wurden: Eine Etage unter Eiern kamen in der Hierarchie die Schnupftabakdosen."

Top-Preise

Eine solche Dose mit Zarenporträt wurde von Christie’s 2010 um den Rekordpreis von 937.250 Pfund versteigert. Der Top-Preis für ein Fabergé-Ei wurde 2007 ebenfalls bei Christie’s für das so genannte "Rothschild-Ei" erzielt: 8,98 Millionen Pfund war einem betuchten Käufer das Objekt wert.

"80 Prozent unserer Kunden bei Auktionen sind russischsprachig", erklärt Culver Smith. "Wir sehen auch wachsendes Interesse aus dem Mittleren Osten und China, dazu haben wir Kunden in Europa und den USA."

Die größte private Fabergé -Sammlung – inklusive neun Eiern – hält der Oligarch Viktor Wechselberg, der vorigen November ein eigenes Museum für seine Preziosen in St. Petersburg eröffnete. "Käufer wie Wechselberg wollen dem Modell jener großen Sammler folgen, für die diese Objekte ursprünglich gemacht wurden", sagt Helen Culver Smith.

Doch Fabergé ist auch für Nicht-Oligarchen erschwinglich – Zigarettendosen seien etwa schon ab 4000 Euro zu haben, sagt die Christie’s-Expertin. Das Problem seien die vielen Fälschungen: "Ich würde sagen, 99 % von dem, was ich zu sehen bekomme, ist nicht echt." Verkäufer müssen daher die Provenienz ihrer Objekte lückenlos dokumentieren können.

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