Eurofighter: Doskozil kennt die Fräsmaschine nicht

Eurofighter: Doskozil kennt die Fräsmaschine nicht
TV-Tagebuch: "Im Zentrum" behandelte die Causa Eurofighter und die Folgen (etwa Dracula und die Fräsmaschine in Hörsching)

*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*

> > Zum Artikel "810.000 Euro für alte Fräsmaschine"

Was machen wir jetzt mit den Fliegern? Reden wir drüber. "Im Zentrum" lud dazu Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon, Aufdecker Peter Pilz, den Leiter Sektion Strafrecht, Justizministerium, Christian Pilnacek, und Bettina Knötzl, Rechtsanwältin, Transparency International.

Doskozil, Verteidigungsminister gewordener Burgenländer mit sicherheitspolizeilichem Background hat eine schlagkräftige Truppe damit beauftragt, den Eurofighter-Beschaffungsvorgang aus der Ära Schüssel noch einmal aufzuarbeiten. Die Folge sind Anzeigen wegen Betrugs und Täuschung. Veranschlagte Gesamtschadenssumme: Schlanke 1,1 Mrd. Euro.

Daumen drücken wäre klüger gewesen

"Im Zentrum" beginnt mit einer Rückblende. Kanzler Wolfgang Schüssel erklärt auf einer Archivaufnahme: „Wir haben uns dann gemeinsam letztlich für ein Projekt entschieden, das die weitreichendste Zukunftsdimension hat, das zu gleich die technisch beste Lösung ist und das auch im Rahmen der wirtschaftlichen Offsetgeschäfte erstklassige Chancen für österreichische Arbeitsplätze und Wirtschaftsbetriebe gibt.“ Er hebt dabei die rechte Hand mit bedeutungsvoll zusammengepressten Fingern. Daumen drücken wäre im Nachhinein klüger gewesen.

Die Causa Eurofighter wurde der Länge und der Breite mit geschwärzten Unterlagen in einem Untersuchungsausschuss mit wenig Erkenntnisgewinn bereits untersucht. Was ist also neu? Zum Beispiel, will Claudia Reiterer vom Verteidigungsminister recht hartnäckig wissen: "Können Sie zumindest sagen, um wieviele Personen es geht und ob Politiker dabei sind?" Doskozil: „Das kann ich ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. (An dieser Stelle schmunzelt er vielsagend und strengt sich an, ernst in die Leere zu schauen.) Ich schließe auch für die Zukunft nicht aus, dass Erhebungsergebnisse solche Dinge zutage bringen.“ Das dürfte also noch lustig werden. Oder ärgerlich. Oder halt Gefängnis bedeuten. Je nach Standpunkt und Deliktnähe.

Das wandelnde Volkfest Peter Pilz

Reiterer spricht Pilz an, der den 420 Stunden lange dauernden U-Ausschuss geleitet hat. "Es hat fast Volksfestcharakter seit Tagen, dass Sie sich sehr freuen, dass nocheinmal alles aufgezeigt wird. Verstehen Sie dass alle fragen, was da Neues herausgefunden werden kann?"
Pilz, der vor Freude wirklich fast zu platzen scheint, ist mit der damaligen Arbeit zufrieden: „Im Nachhinein bin ich sehr überracht, wie viel wir gefunden haben." Etwa die Briefkastenfirma "Vector Aerospace", über die einfach 183,4 Millionen an weitere Briefkästen geflossen ist.

Also ein zweiter U-Ausschuss? Pilz: „Heute wissen wir soviel, dass ich als Abgeordneter sagen kann, wenn es einen Zeitpunkt für einen Untersuchungsausschuss gäbe, dann ist es jetzt. Mit dem Wissen, das wir haben.“ Dieser Satz taugt noch zu keiner Headline - den würde Peter Pilz wahrscheinlich auch über sein Frühstückskipferl sagen.

Allerdings: Vor zehn Jahren war es eine Sache einer kleinen Oppositionspartei. "Heute ist es eine Angelegenheit der Regierung", erklärt Pilz mit dem Tonfall des Gerechten: "Mit dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler, dem Verteidigungsminister, dem Justizminister und allen Parlamentsparteien."

So wie mit Dracula

Warum wird eigentlich immer soviel über Korruption geredet, wenn das Militär einkauft? „Rüstungsgeschäfte haben systemisch gesehen das Problem, dass es um soviel Geld geht", schildert Bettina Knötzl von Transparency International. "Es geht für eine relativ kleine Anzahl von Mitbewerbern um ein ganz großes Stück vom Kuchen. Daher wird der Wettbewerb noch härter und noch gefinkelter durchgeführt."

Sie plädiert - no na - für Transparenz. Aber was ist das? Knötzl: „So wie mit Dracula: Vorhang auf, Sonnenlicht und das Böse zerbröselt zu Staub.“ In dem Moment hält die Kamera auf Pilz, dessen Gesichtsausdruck aber nicht verrät, ob er innerlich in Lachen ausbricht oder sich gerade die Unterzeile seiner Autobiografie notiert.

Nahe am Strafraum

ÖVP-Mann Werner Amon, der - wie der Zufall es will - vor einem schwarz-blauen Hintergrund sitzt, verteidigt zunächst einmal die Regierung Schüssel: „Da möchte ich schon dagegenhalten. Schon beim Draken hat man gesagt, das sei eine Übergangslösung für zehn Jahre und dann wird ein neues Modell beschafft.“ Reiterer bringt den Ball daraufhin fragetechnisch gefährlich nahe an Amons Strafraum: "Wollen Sie sagen, dass die Regierung unter Bundeskanzler Schüssel keine Fehler gemacht hat?" Der fälscht noch einmal entschlossen ab: „Die Frage ist mir ein bissl zu einfach gestellt. Weil ich wollte gerade den Vorgang erklären. Da gab es eine 33-köpfige Expertengruppe...“ Weiter im Spiel, das böse Zungen als Match zwischen (künftigem?) schwarz-blau und rot-grün-und-alle-anderen-Guten-dazu einordnen.

Pingpong mit der Fräsmaschine

Wie windig die Gegengeschäfte beim Deal mit Airbus waren, zeigt die Geschichte der 1-Euro-Fräsmaschine, die von einer deutschen Firma im Bundesheer entsorgt wurde. In der Liste der Gegengeschäfte steht sie mit 810.000 Euro (allein 60.000 wurden für die Gebrauchsanleitung veranschlagt, wie die "Staatskünstler" in einem Zuspieler erläutern).

"Kennen Sie diese Fräsmaschine?", will Reiterer nun von Doskozil wissen und verwickelt sich mit ihm in eine lustige Schleife des gegenseitigen Missverständnisses: „Diese Maschine kenne ich natürlich nicht. Es wäre jetzt ein bissl komisch, wenn ich diese Maschine kennen würde. Aber.. “ „Sie ist in Hörsching angeblich.“ „...es geht natürlich um die Frage der Gegengeschäfte und da gebe ich natürlich…“ „Aber kennen Sie…“ „Ich kenne diese Maschine nicht. Nein."

Auch Darabos...

Amon, immer noch vor schwarz-blauen Hintergrund, weiß zu berichten, dass auch der SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos mittels Eurofighter eine Stange Geld (konkret: ein paar hundert Millionen Stangen) verballert hat. Er verweist auf einen 2006/2007 nachverhandelten Vertrag, „der eines der best gehütetsten Geheimnisse der Republik“ darstelle. „Wollen sie eine Kopie?“ fragt der Privatdetektiv der Nation, Peter Pilz trocken.

Doskozil schießt den Ball wieder zur Mittellinie: "Unser Erkenntnisstand ist durchaus jener dass sowohl die Verhandler 02/03 als auch 06/07 getäuscht wurden von Airbus." Pilz grätscht rein: „Da ist ja 2007 noch was ganz anders passiert. Ich gehe heute davon aus, dass sich einige relativ leicht täuschen haben lassen.“ Sowohl Darabos als auch Kanzler Alfred Gusenbauer sollten seiner Meinung nach einmal genauer angeschaut werden.

Ich versteh' das nicht

Es wird grundsätzlich: „Wozu soll der Steuerzahler dazwischen noch einen Lobbyisten zahlen. Also ich versteh' das nicht“, sagt Doskozil unschuldig. Und schaut, als hätte er grade den Gag des Abends gebracht.

Knötzl kontert trocken: „Wenn ein Lobbyist hier sitzen würde, dann würde er ihnen erklären, dass letztendlich, insbesondere, wenn man nicht nur lokale, sondern internationale Firmen beschäftigt, es Menschen braucht, die mit Verständnis die Bedürfnisse des Käufers abholen und weitertragen.“ Plötzlich weiß keiner mehr, wo jetzt welche Pointe hinkullert.

Pilz springt ein - "ich spreche jetzt als Ökonom"- und erklärt der Transparency International-Frau ihren Job und was er von ihrer Auslegung davon hält. Irgendein junger Grüner murmelt sicher gerade mürrisch irgendwas mit "Mansplaining".

Und Rapid?

Reiterer, die das Thema wie immer gut vorbereitet durchmoderiert, stellt dem Rapid-Fan Doskozil eine nicht ganz unwesentliche Frage: "Wenn die Republik das Verfahren gewinnt - heißt es nicht auch, dass diese Geschäfte rückabgewickelt werden müssten? Dass sich Airbus das Geld zurück holt, zum Beispiel von Rapid?" (auch der Fußballverein ist Nutznießer der umstrittenen Gegengeschäft gewesen). Doskozil hat diesmal seine Mimik im Griff und will sinngemäß keine voreiligen Schlüsse ziehen.

Das mit dem Einmarschieren...

Achja: Erklärungen für ungeduldige Stammtische, die den ganzen Zinnober von Rechtstaatlichkeit nicht und nicht verstehen wollen, sind in der Sendung auch dabei. Etwa die Frage, warum immer noch niemand weiß, wer hinter den dubiosen Briefkastenfirmen mit dem vermuteten Schmiergeld steckt: Sektionschef Pilnacek erinnert dahingehend an praktische Grenzen, die sich auch simple Gemüter vielleicht vorstellen können: “Wir können nicht in fremde Staaten mit Streitkräften marschieren und uns dort die Unterlagen herausholen“. (Wir können ja nicht einmal Abfangjäger kaufen, ohne uns über den Tisch ziehen zu lassen!)

Der Nachfolger!

Die Pointe kommt übrigens zum Schluss der Sendung: Bis Ende Juni soll nämlich darüber gesprochen werden, wie es mit der Nachfolge des Eurofighter aussieht. „Der Weg den wir gehen, soll aus zwei Elementen bestehen: Militärisch effektiv, aber auch kostengünstig“, erklärt Doskozil. Er wird wohl demnächst lernen, wofür man Lobbyisten braucht.

Pilz wünscht sich zum Schluss nocheinmal „schärfstmögliche parlamentarische Kontrolle“. Und freut sich wohl schon auf den U-Ausschuss zur Eurofighter-Nachfolge.

Wir - gähn - auch.

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