„Es geht eine Träne auf Reisen“: Salvatore Adamo ist 80
Seit den 60er Jahren trällert Salvatore Adamo auf den Bühnen Europas eingängige Lieder. Bis heute ist seine Rolle die des charmanten, weltgewandten Gentlemans. Stets gut gekleidet, meist im Anzug, wechselt er bei seinen Auftritten mühelos zwischen Französisch, Spanisch und Englisch. Am heutigen Mittwoch (1.11.) wird er 80 Jahre alt.
Gefeiert werden sollte eigentlich auf der Bühne: In einem Brüsseler Konzertsaal wollte der Italo-Belgier Klassiker wie „Gestatten Sie, Monsieur?“ oder „Es geht eine Träne auf Reisen“ und neueste Stücke zum Besten geben. Am Vorabend allerdings musste die Show kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen abgesagt werden - wie schon jüngst andere Konzerte.
Viele Genesungswünsche
„Der Wunsch, euch so schnell wie möglich wiederzusehen, hatte mich ein wenig zu optimistisch gemacht. Ich brauche noch Ruhe“, schrieb Adamo am Dienstag in einem auf seiner Facebookseite geposteten handgeschriebenen Brief. Sein Gesundheitsproblem lasse sich behandeln und heilen, aber mit Zeit und Ruhe. „Man kann die Natur nicht drängen.“ Er tue alles, um wieder in Form zu kommen.
Zahlreiche Genesungswünsche innerhalb kürzester Zeit bewiesen, dass die Beliebtheit des gebürtigen Italieners ungebrochen ist. „Nehmen Sie sich Zeit“, hieß es etwa von Fans unter dem Brief, daneben wurden Hunderte virtuelle Umarmungen schon kurz nach der Absage gesendet. Einem Bericht des belgischen Senders RTBF zufolge soll das Geburtstagskonzert im März nachgeholt werden, ein für den 4. November geplantes Konzert in Brüssel im Jänner.
Schon Mitte des Monats hatte Adamo Konzerte in Frankreich aus gesundheitlichen Gründen absagen müssen. Seine Managerin Virginie Borgeaud-Bigot hatte die Lage im Nahen Osten als eine Ursache für die schwächelnde Gesundheit angeführt. Der Tageszeitung „Le Parisien“ sagte sie Mitte Oktober, Adamo leide unter Stress aufgrund der Ereignisse der letzten Tage. Gemeint ist der Gaza-Krieg.
Rauhe Stimme und viel Herz
Geboren wurde Salvatore Adamo 1943 auf Sizilien. Als Vierjähriger kam er ins belgische Mons nahe der französischen Grenze, wo sein Vater als Bergmann Arbeit fand. Diese Zeit spiegelt sich auch in seiner Musik wider. „Ich kenn' das schwarze Land, voll Kohle tief im Schacht. Der Öfen Feuerbrand erleuchtete die Nacht. In stummer Sklaverei, ein langer Leidenszug. Und Einer war dabei, der meinen Namen trug“, singt er im Lied „Was soll ich da noch für Euch singen?“.
Schon früh fiel Adamo nicht nur mit überdurchschnittlicher Intelligenz, sondern auch durch seine raue und gelegentlich fast brüchige Stimme auf. Erstmals auf Platz eins der belgischen Hitparade stand er mit 20 Jahren.
Als er 1964 vor 80.000 Zuschauern in einem Brüsseler Stadion der belgischen Prinzessin Paola eine rote Rose überreichte und die Schönheit einer lebenslustigen jungen Dame namens Paola besang („Dolce Paola“), kannte die Klatschpresse in Europa kein Halten mehr. Lief da etwas zwischen dem Sänger und der italienisch-stämmigen Prinzessin? Gerüchte um eine mögliche Affäre kommentierte Adamo nie mit mehr als einem Lächeln. Der Song wurde ein Welterfolg.
1984 hatte Adamo einen Herzinfarkt und eine Bypass-Operation, 20 Jahre später verbrachte er nach einem Schwächeanfall in Paris erneut längere Zeit im Krankenhaus. Das hinderte ihn aber nicht daran, wieder zu schreiben, zu singen und aufzutreten.
Zahlreiche Ehrungen
Er kann auf zahlreiche Ehrungen zurückblicken: 2001 wurde er in Belgien zum Ritter ernannt. 1999 sang Adamo bei einem Fest im Wintergarten des Schlosses Laeken kurz vor der Hochzeit von Prinz Philippe und dessen Verlobter Mathilde. Seit 2013 stehen die beiden als Königspaar an der Spitze des Staates. 2007 widmete Adamo Mathilde eines seiner Lieder.
Adamo hat im Laufe seiner langen Karriere viele Genres bedient. Sein Werk bewegt sich zwischen seichtem Schlager („Gestatten Sie, Monsieur?“, „Es geht eine Träne auf Reisen“) und lyrischem Anliegen („Inch'Allah“ und dem Lied zum Mauer-Fall „Berlin, Ce Jour-là“). Im Laufe der Jahre beschäftigte sich der Chansonnier, der einst Journalist werden wollte, musikalisch zunehmend mit politischen und gesellschaftlichen Problemen. Auch die derzeitigen Krisen auf der Welt bringen ihn nicht zum Aufhören - bis Februar sind derzeit 15 Konzerte in Belgien, Frankreich, Spanien und der Schweiz geplant.
Kommentare