Moritz Bleibtreu: "Es braucht Talent, nicht Brüste oder Penisse“

Moritz Bleibtreu: "Es braucht Talent, nicht Brüste oder Penisse“
ZDF-Mini-Serie. In „Die Protokollantin“ lässt Moritz Bleibtreu den Haudrauf zu Hause und spielt eine höchst ambivalente Rolle.

Als „Die Protokollantin“ (ZDF, 21.45) ist Freya Becker (Iris Berben) ständig mit Verbrechen konfrontiert. Dem ist wohl auch ihre verschwundene Tochter zum Opfer gefallen. Geblieben ist ihr nur ihr Bruder Jo ( Moritz Bleibtreu). Doch dessen Schicksal ist mit dem der Tochter verbunden.

KURIER: Für Freya Becker ist ihr Bruder der einzig persönliche Kontakt zur Außenwelt. Doch auch bei ihm gibt es eine Fassade und Abgründe dahinter.

Moritz Bleibtreu: Jo Jacobi ist ein Typ, der eine etwas turbulente Vergangenheit hatte, aber sich irgendwann gewandelt und nach außen hin in ein bürgerliches Leben gefunden hat. Aber er hat Schuld auf sich geladen – sie lastet auf seinen Schultern und er kann sie nicht verarbeiten. Die Folge dessen ist, dass er sich selbst ein wenig aufgegeben hat, sich bestraft.

In dieser Mini-Serie werden die ganz grundsätzlichen Fragen nach Schuld, Sühne und Gerechtigkeit verhandelt? Ein Film erzählt jedem Betrachter etwas anderes, lässt jeden das Gesehene unterschiedlich empfinden. Aber die Frage der Schuld und der Umgang damit, ob und wie man damit leben kann oder auch nicht leben kann, ist ein zentraler Punkt, um den diese Geschichte kreist.

Moritz Bleibtreu: "Es braucht Talent, nicht Brüste oder Penisse“

Diese Erzählung hat eine andere Machart als üblich. Sie lässt sich und den Figuren, im besten Sinne, Zeit. Insofern ist Jo eine ungewöhnliche Rolle für Sie?

„Die Protokollantin“ ist ein Film, in dem die Schauspieler „sehr wenig“ spielen, sehr reduziert und zurückgenommen agieren. Ich bin ja einer, der auch gern in Filmen mitmacht, in denen auf die Kacke gehauen wird, aber das ist hier genau nicht der Fall. Die Zuschauer erlauben es heute, dass man Geschichten tiefergehend erzählen und ganz anders auf die Figuren eingehen kann. Das ist ja ein Problem des Kinofilms seit jeher, dass dort eine bestimmte Geschichte in einer bestimmten Zeitdauer erzählt werden muss. Da gerät man auch sehr schnell an seine Grenzen. Einen Trend zu dieser Art der Erzählung wie bei der „Protokollantin“ würde ich aber nicht unbedingt sehen – es gibt ja genug Serien, die nach anderen Mustern funktionieren. Sondern das war eben der Weg, den Nina Grosse gehen wollte.

Diese Produktion war sozusagen fest in weiblicher Hand mit Hauptdarstellerin, zwei Regisseurinnen, Drehbuchautorin. War das Arbeiten da anders?

Das wäre ja furchtbar, wenn dadurch das Arbeiten anders würde. Diese Diskussion ist für mich, um ehrlich zu sein, völlig kindisch. Man braucht Talent, um Filme zu machen und nicht Brüste oder Penisse. Das wäre ja idiotisch. Wer begabt ist, macht gute Filme, ob mit oder ohne Brüste.

Sie haben zu Jahresbeginn auch in Wien gedreht für David Schalkos „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“. Wie war’s?

Ich bin schon sehr gespannt, wie „M“ werden wird. Ich habe mich sehr gut mit David Schalko verstanden. Er ist ein hochgradig intelligenter Kerl und ein toller Regisseur, ich habe sehr gern mit ihm gearbeitet. Ich freue mich schon darauf, wenn „M“ fertig ist.

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