"Eric" mit Benedict Cumberbatch: Ein fluchendes Flauschmonster
In "Eric" sucht ein Puppenbauer, der Jim Henson ähnelt, gemeinsam mit einem Monster seinen vermissten Sohn. Der echte "Muppets"-Schöpfer wird zeitgleich mit einer Doku gewürdigt.
Sehr jugendfrei geht es nicht gerade zu am Set der Kindersendung „Good Day Sunshine“. Erst haben die Puppen am Imbissstand mit den tanzenden Hotdogs noch einträchtig das Titellied gesungen, schon keifen sich die Puppenspieler am Sitzungstisch recht unflätig an. Am grantigsten ist Vincent, der Chef der Truppe, der sich nicht anfreunden kann mit Neuerungen, die die Quote der Show ankurbeln sollen. Da fliegen die Schimpfworte schon tief.
Viel besser wird es auch nicht daheim beim Abendessen mit Frau und Kind. Sohn Edgar hat eine Idee für eine neue Puppe in „Good Day Sunshine“, und Vater Vincent lässt sie den Neunjährigen professionell „pitchen“. Weil ein Volksschüler aber nicht sehr geübt ist im Verkaufen von Ideen, blafft ihn Vincent an, dass er nicht überzeugend genug war. Mutter Cassie beruhigt das Kind mit den Worten, der Vater sei nun mal ein „blöder alter Miesepeter“, aber zu Vincent selbst findet sie schon deutlichere Worte.
Am nächsten Tag verschwindet Edgar auf dem Schulweg spurlos. Vincent ist von Schuldgefühlen so überwältigt, dass er alle Skizzen seines Sohnes zur neuen Puppe einsammelt, um sie zu bauen. Seinem Alkoholproblem ist die Situation nicht eben zuträglich. Am Ende der ersten Folge wacht er im Bett von Edgar auf und nachdem er nicht gleich aufsteht, herrscht ihn eine heisere Stimme an: „Aufstehen, Arschloch.“ Das Monster, das Edgar geschaffen hat, ist zum Leben erwacht und hat eine Mission: „deinen verschissenen Sohn finden.“ Monster Eric, das aussieht wie eine Mischung aus Grüffelo und dem blau-flauschigen Sully aus „Monster AG“, spricht also eine Sprache, die Vincent versteht.
Kuriose Doppelung
„Eric“ ist auch der Titel dieser neuen Serie auf Netflix, in der Benedict Cumberbatch den getriebenen Vater spielt. Sie ist zwar erzählerisch ein wenig überfrachtet, aber hat einen klaren Vorteil: Ein koks-schnupfendes Monster sieht man nicht so oft.
Kurios ist, dass just am Tag, nachdem „Eric“ auf Netflix anläuft, eine Dokumentation auf Disney+ über jenen Mann startet, an den man unweigerlich bei der Figur Vincent denken muss: Jim Henson, Schöpfer der „Muppets“ und der „Sesamstraße“. An letztere ist „Good Day Sunshine“ unverkennbar angelehnt. Nur Vincent, der kann nicht an Jim Henson angelehnt sein. Denn der war ein netter Mann und wird noch heute nachgerade als Entertainment-Heiliger verehrt. Es ist nicht anders in der Doku „Jim Henson – Ein Mann voller Ideen“.
Ein durchgeschnittener Pingpong-Ball und ein alter grüner Mantel seiner Mutter: Schon in jungen Jahren erweckte Henson diese wenigen Materialien zum Leben. Daraus wurde seine wohl berühmteste Schöpfung, Frosch Kermit. Der Film widmet sich aber auch (hierzulande) weniger bekannten Produktionen, wie dem Fantasy-Film „Der dunkle Kristall“, und Hensons nur wirklich Eingeweihten geläufigem Faible für den Experimentalfilm. Es ist das berührende Porträt eines Mannes, der in keine Schublade gesteckt werden wollte.
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