Graphic Novel zu "Gemma Bovary"

Film: Gemma Bovery - Land: Frankreich 2014
Comic zu "Madame Bovary" diente als Vorlage für aktuellen Kinofilm.

Der Dichter Charles Baudelaire schrieb über Gustave Flauberts "Madame Bovary" sinngemäß, das Landleben verblöde einen. Diese Erfahrung macht auch die junge Gemma Tate, Heldin von Posy Simmonds Neuinterpretation von Flauberts wegweisendem Gesellschaftsroman, der den Untertitel "Ein Sittenbild aus der Provinz" trägt. Simmonds Graphic Novel wurde wiederum von Anne Fontaine verfilmt und läuft seit Freitag in Österreichs Kinos. Die Hauptdarstellerin heißt übrigens, um die Verwirrung zu perfektionieren, mit Vornamen Gemma (Arterton).

Graphic Novel zu "Gemma Bovary"
reprodukt
Die Story des Comics: Die Londoner Grafikerin Gemma heiratet den geschiedenen Charlie Bovery (bei Flaubert: "Emma" und "Charles Bovary"), wird unfreiwillig zur Stiefmutter seiner Kinder und hat außerdem Charlies Ex-Frau am Hals. Am Land, meint sie, werde sie Ruhe finden und überredet Charlie, mit ihr in die Normandie zu ziehen. Doch der Reiz des Landlebens lässt bald nach. Schon wenige Monate nach dem Umzug hasst sie das Leben in Frankreich. Sie hasst die Normandie und den Regen. "Und diese Grabesstille. Sie raubt ihr den letzten Nerv". Und natürlich fängt sie bald an, auch Charlie zu hassen. Dessen Schnarchen sie in der Stille umso mehr wahrnimmt. Er ödet sie an. Bringt sie zur Weißglut mit seiner Begeisterung für die dörfliche Beschaulichkeit. Der Rest ist bekannt. Erst kommt der Liebhaber, dann der Tod.

Kein Moralapostel

Graphic Novel zu "Gemma Bovary"
portrait
Doch ebenso wenig wie Flaubert ist Simmonds Moralapostel. Die einzige Moral, die hinter der traurigen Geschichte stecken mag: Vor dem eigenen Leben kann man nicht weglaufen. Die Künstlerin Posy Simmonds, 69, zeichnet seit den 1970er-Jahren für die TageszeitungThe Guardianund wurde mit Graphic Novels wie "Tamara Drewe" bekannt.

Messerscharf analysiert sie die typischen städtischen englischen Mittelständler, die, unzufrieden mit sich selbst und der Welt, vom ruhigen Landleben und vom französischen "Savoir Vivre" träumen. Klarerweise kann diese Flucht vor sich selbst nicht gut gehen, wie der Fall (G)Emma zeigt. Simmonds Figuren sind auf den ersten Blick harmlos, wirken wie aus einem Kinderbuch. Dahinter wartet der Abgrund des Spotts.

Die Engländer haben ein Faible fürs Pittoreske. Die Cottages sollen ausschauen wie vor hundert Jahren– aber bitte mit dem Komfort von heute. Wie bitter ist das Erwachen, wenn das Landleben icht wie in Country Life aussieht.

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