"Einstürzende Neubauten": Mit dem Dada-Hut im Regen der Metallstangen stehen

Blixa Bargeld, Frontman der Einstürzenden Neubauten, in Krems
Die Einstürzenden Neubauten begeisterten mit einem Greatest-Hits-Programm in Krems.

"Wenn du vor dem Schöpfer stehst, kannst du ihm sagen: Ich habe deine Lieblingsband gesehen."

Bescheidenheit war noch nie Blixa Bargelds Stärke, ein Hauch von Selbstironie schon eher. Im ausverkauften Stadtsaal von Krems trat also "Gottes Lieblingsband", die Einstürzenden Neubauten, zu einem exakt vermessenen, wiewohl maßvollen Lärmexzess an. Frontman Blixa Bargeld, von seinen Bandkollegen gerne als "der Chef" angesprochen, gebot mit mächtiger Stimme ein "Greatest Hits"-Programm seiner Songs nach 1989. Ab dem Fall der Berliner Mauer, so sagt man, ließen die Einstürzenden Neubauten ihren "Industrial Noise"-Lärmpegel ein wenig sinken und klingen seitdem Zuhörer-freundlicher, sprich: konventioneller.

Bargeld garniert seine melancholisch-melodischen Balladen wie "The Garden" mit herrlich spitzen Schreien, Songs wie "Haus der Lüge" , "Sonnenbarke" oder "Redukt" werden furios mit metallischem Klirren durchschnitten und sägen sich genussvoll ins Gehirn.

Bohrmaschine

N. U. Unruh drischt Eisenstangen aneinander, malträtiert Plastikkanister mit Schlägen und setzt die Bohrmaschine an. Ebenfalls noch von der Originalbesetzung dabei ist Alexander Hacke, der dem perfekt ausgepegelten Sound mit seinem Stampfbass ein gleichfalls stählernes Rückgrat gibt.

Überhaupt sieht die Bühne aus wie eine Metallfabrik aus dem goldenen Industriezeitalter, komplett mit Turbine, Stahlkessel und Sprungfedergirlande.

Die Neubauten sind dann am Besten, wenn sie noch in die ruhigsten Balladen den unerbittlichen Lärm des Eisens einbrechen lassen. Davon kann man nicht genug kriegen, zumal sie mit ihren Noise-Ausbrüchen, die stets exakt auf den Punkt gebracht sind, recht sparsam umgehen und eher auf gediegenen Rezitativ-Andacht setzen.

Beinahe kabarettistische Momente entstehen bei der Aufführung "Let’s Do It A Da Da". Den großen Einfluss, den die Dada-Bewegung auf ihn hatte, inszeniert Bargeld als Varieté-Einlage mit Requisiteneinsatz. N. U. Unruh setzt den Dada-Hut auf und lässt im Hintergrund Metallstangen aus einer Blechwanne regnen. Bargeld im schwarzen Wams erinnert dabei mit seinem hochgradig theatralen Gestus ein wenig an einen Großschauspieler und Dichterfürst ("Mehr Licht!"). Seine Lieblingsthemen des Vergehens und Verschwindens lässt er zu überlebensgroßem Ernst anschwellen, spickt sie aber auch mit kleinen, selbstironischen Ansagen wie "Blixa ist schon gegangen." Um gleich darauf zwei Zugabenblöcke zu spielen, die das erste Donaufestival-Wochenende euphorisch ausklingen ließen.

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