Von Friedrichs Arbeit dürfte, abgesehen von der radikalen Strichfassung, nicht viel übriggeblieben sein. Die Stadttheaterinszenierung, die am Mittwoch herauskam („Regie: Jan Friedrich, Kay Voges und Ensemble“), war jedenfalls weder poppig noch queer. Dafür absehbar. Und die handelnden Figuren hat man, zum Teil karikierend, auf Stereotypen reduziert: der fahrige Künstler, der keinen graden Satz rausbringt, und die betuliche Mama.
Im Zentrum der Produktion steht der despotische Widerling Hannes (Nick Romeo Reimann), der seine junge Frau, die ihm gerade einen Stammhalter geschenkt hat, andauernd runtermacht. Das Käthchen kann es ihm, dem Intellektuellen, nie recht machen. Zudem taucht bei Vockerats Freund, dem Maler, eine Studentin auf. Der Blitz schlägt ein, der nach Anerkennung heischende Hannes ist von Sinnen.
Die gertenschlanke Anna (Gitte Reppin) trägt zwar nicht sündiges Rot, aber knalliges Gelb (Kostüme von Vanessa Rust) zur coolen Sonnenbrille. Und die verschüchterte Käthe im weißen Kleid der Unschuld ist nur baff. Später wird sie kurz ihre Wut abreagieren und sich in ihrer Not dem Künstler anbieten: Anna Rieser muss sich entblättern, dem Publikum ihre Brüste zeigen, Claudio Gatzke bespritzt diese mit schwarzer Farbe aus der Phallus-Flasche. Derart plump geht es weiter. Die mondäne Anna beißt – Achtung Bedeutung! – in einen Apfel. Und weil es ja um vereinsamte Menschen geht, darf „Eleanor Rigby“ von den Beatles nicht fehlen: „Ah, look at all the lonely people …“
Doch Halt! Gegen Schluss hin gewinnt die Inszenierung erstaunlich an Tiefe. Weil das übertrieben Künstliche – man schaut sich beim Dialog nicht an, spricht und schreit ins Publikum – abgelegt wird. Und weil Anke Zillich es satt zu haben scheint, nur die Klischee-Mutter („Die Suppe wird kalt!“) zu geben. Ihre Frau Vockerat hatte zunächst gute Miene zum bösen Spiel der liebesbedürftigen Anna gemacht, aber nun kann sie nicht mehr mitansehen, wie ihr Sohn seine Frau demütigt.
Und dann taucht auch noch Stefan Suske als Autorität von einem Vater auf. Das Ende (nach zwei Stunden) ist – im Gegensatz zu Hauptmann – vage gehalten. Käthe steht im Bodennebel wie zu Beginn – mit dem Baby im Arm. Das weiße Kleid aber hat sie gegen ein schwarzes getauscht.
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