Ein Muttermonster namens Rose

Maria Happel (Rose), Lisa Habermann (Louise) und Toni Slama (Herbie, v. li.)
Maria Happel brilliert in Jule Stynes auch mehrfach verfilmtem Musical-Klassiker "Gypsy".

Wie heißt es doch so treffend bei Irving Berlin? "There’s no business like show business". Und genau um dieses Showbusiness dreht sich alles im Musical "Gypsy" von Jule Styne (Musik), Stephen Sondheim (Liedtexte) und Arthur Laurents (Buch), das 1959 am Broadway uraufgeführt wurde und im angloamerikanischen Raum gleich nach Leonard Bernsteins "West Side Story" als "Urmutter" aller Musicals gilt.

Übermutter

Um eine "Urmutter", eine "Übermutter" geht es auch in "Gypsy". Um Mama Rose, die im Amerika der 20er- und 30er-Jahre ihre beiden Töchter June und Louise um jeden, wirklich jeden Preis zu Stars machen will. Dass dabei die Seelen der Mädchen Schaden nehmen, dass Liebe und Normalität auf der Strecke bleiben, all das nimmt Mama Rose mehr als billigend in Kauf.

Diese Mama Rose hat es übrigens wirklich gegeben, ihre Töchter haben sich nie aus dem mütterlichen Labyrinth der Anhängigkeiten befreien können. Die eine, June, brach als junge Frau aus dem Showwahn aus, wurde später aber Schauspielerin. Die andere, Louise, machte unter dem Künstlernamen Gypsy Rose Lee als Burlesque-Tänzerin und Stripperin Karriere; die reale Mutter war dafür in Mordfälle und Kriminalität samt diverser Klagen verwickelt. Ein Happy-End war niemanden vergönnt.

Auch nicht im Musical, das Regisseur Werner Sobotka mit viel Gespür für Tempo, Timing, aber auch für existenzielle Nöte in der Volksoper auf die Bühne gebracht hat . In Stephan Prattes Bühnenbild – aufklappbare Koffer in diversen Größen ermöglichen rasche Verwandlungen – tourt Mama Rose mit ihren Kindern über die Jahre durch eher schäbige Theater; das von ihr propagierte Vaudeville ist längst tot. Und ewige Kindheit und Jugend gibt es auch nicht. Sobotka setzt das – ein paar weitere Striche hätten vielleicht gar nicht geschadet – sehr präzise um. Und er hat dafür fabelhafte Künstler zur Verfügung.

An der Spitze die alles und alle überragende Maria Happel als Rose – ein stimmgewaltiges und auch darstellerisch intensives Muttermonster vom Feinsten, die aber auch immer eine gewisse Verletzlichkeit andeutet. Die finale Abrechnung zwischen Rose und Gypsy gerät zu einer Sternstunde des Theaters.

Selbstaufgabe

Es wird – trotz der schmissigen, von Lorenz C. Aichner und dem Orchester perfekt zur Geltung gebrachten Musik – stückgemäß viel Theater gespielt. Von Toni Slama etwa, der sich als hinreißend-rührender Herbie dieser Familie fast bis zur Selbstaufgabe verschreibt. Oder von der großartig singenden, schillernden Lisa Habermann als Louise – ein großes Kompliment auch an die Darstellerinnen der Kinder – oder von Marianne Curn als June.

Dazu kommt u. a. der exzellent steppende Peter Lesiak, der ein wunderbares, homogenes Ensemble anführt. "Gypsy" am Gürtel – das geht extrem unter die Haut.

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