Der Ex-Tenor ist jetzt ein grandioser Nabucco

Plácido Domingo lächelt mit Brille und grauem Bart.
Der Opernstar Plácido Domingo triumphiert in London und singt die Bariton-Partie 2014 auch in Wien.

Wenn man zynisch ist, könnte man auch sagen: Nicht jeder Tenor, der sich mit den Spitzentönen schwer tut, ist deshalb gleich ein Bariton.

Bei Plácido Domingo, dem Starsänger jenseits der 70, der jahrzehntelang zu den wichtigsten Opern-Repräsentanten zählte, verhält es sich jedoch so, dass man über jede Partie glücklich ist, in der man ihn hört.

Zur Zeit wird Domingo, der in Giuseppe VerdisNabucco“ früher selbstverständlich die Tenorrolle des Ismaele gesungen hat, am Royal Opera House Covent Garden in der Titelpartie dieses Werkes gefeiert. Er hat freilich immer noch sein tenorales Timbre – und dieses ist wunderschön. Vor allem aber singt, nein gestaltet er den König von Babylon in einer einzigartigen Intensität, mit immer noch verblüffender Phrasierung, traumhaften Kantilenen, größtem Ausdruck und kluger Krafteinteilung. In solcher Würde auf der Bühne zu altern, schaffen die Allerwenigsten.

Nächste Saison in Wien

Den Nabucco wird Domingo auch an der Staatsoper singen – an drei Abenden im Mai 2014. Das sollten Opernliebhaber keinesfalls verpassen. Die restliche Besetzung wird anders sein als nun in London, wo in der reduzierten, optisch attraktiven Inszenierung von Daniele Abbado gespielt wird, die beim Bühnenbild an das Holocaust-Mahnmal in Berlin erinnert. Am Royal Opera House ist Liudmyla Monastyrska eine erstklassige Abigaille mit großer Strahlkraft, Marianna Pizzolato eine höchstens mittelmäßige Fenena, Andrea Caré ein Ismaele mit elegantem Timbre und Vitalij Kowaljow ein Zaccaria mit guter Mittellage, aber Problemen in der Tiefe und in der Höhe.

Nicola Luisotti dirigiert das farbenprächtige und präzise Orchester berührend, setzt auch auf intime Momente statt nur auf Wucht, verschleppt jedoch den Gefangenenchor allzu sehr.

KURIER-Wertung: **** von *****

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