Hallervorden: "Aufgeben ist mir fremd"

Hallervorden: "Aufgeben ist mir fremd"
Der Ex-Blödler Dieter Hallervorden im Gespräch über Altersheime, weiche Eier und die FDP.

Didi heißt er schon lange nicht mehr. Dieter Hallervorden, 78, wurde in den Siebzigern als „Nonstop Nonsens“-Blödler bekannt. In seinem vom deutschen Feuilleton bejubelten Kino-Film „Sein letztes Rennen“ (jetzt im Kino) zeigt er, dass er berühren kann.

KURIER: Es gibt einen neuen Kinofilm und einen neuen Fernsehfilm mit Ihnen: Beide Male spielen Sie widerwillige Altersheimbewohner. Haben Sie den Eindruck, dass das Thema Alter mehr Öffentlichkeit bekommt?

Dieter Hallervorden: Ja, das glaube ich schon. Andererseits ist es purer Zufall. Als das Angebot aus Wien kam, war „Sein letztes Rennen“ gerade abgedreht und ich sagte zu, weil ich gerne mit Joachim Fuchsberger und Jan Josef Liefers zusammenarbeiten wollte. („Live is Live“, 23. 10., 20.15, ORF 2)

In beiden Filmen geht es um die Frage, wie wir mit älteren Menschen umgehen. Hat unsere Gesellschaft ein Problem damit?

Ich glaube, dass die Pflegekräfte in Deutschland zu schlecht bezahlt werden. Es gibt generell zu wenig Pflegepersonal und zu wenige Leute, die diesen Beruf mit Freude ausüben . Und es macht für alte Leute, die von Hilfe abhängig sind, einen Unterschied, ob man ihnen die Kaffeetasse lieblos über den Tresen schiebt oder sie mit ein paar lieben Worten überreicht.

Sie sind 78, leben aber ein aktiveres Leben als manche 50-Jährige. Fühlen Sie sich manchmal so alt, wie Sie sind?

Man darf das Alter, das im Pass steht, nicht mit der Flexibilität der Gehirnwindungen gleichsetzen. Ich bin geistig und körperlich ganz fit und hoffe, dass das so bleibt. Aber dafür tu ich auch was. Ich bewege mich jeden Tag und ich trainiere mein Gehirn.

Diese Disziplin fällt allerdings nicht jedem immer leicht. Haben Sie nicht auch manchmal Momente, wo Sie das Gefühl haben, Ihnen geht die Kraft aus?

Ja sicherlich. Aber man muss den inneren Schweinehund überwinden und sich sagen: Reiß dich am Riemen. Ich bin eine Kämpfernatur, mir ist Aufgeben fremd.

Hallervorden: "Aufgeben ist mir fremd"
"Live is Life - Der Himmel soll warten", Nach Jahren rauschender Erfolge ist es für Rocco und die Herzschrittmacher an der Zeit, ins Altersheim zurückzukehren. Rocco möchte sich jetzt, wo Marina schwanger ist, um die eigene Karriere kümmern. Aber im Heim, wo alles nach Vorschrift abläuft, fühlen sich die Herzschrittmacher um den streitbaren Degenhart Schagowetz auch nicht wohl. Kurzerhand rufen sie die Revolution aus. Sie werden das Heim kaufen und den Laden selbst übernehmen. Leider müssen sie feststellen, dass sich die Einnahmen der Band in der Finanzkrise in Luft aufgelöst haben.Im Bild (v.li.): hinten: Jan Josef Liefers (Rocco), Ursula Strauss (Marina), Sido (Sido), Dieter Hallervorden (Dieter Jürgens), Bibiana Zeller (Sissi), vorne: Lisa Kreuzer (Sandra), Hans-Michael Rehberg (Herr Klüger), Joachim Fuchsberger (Degenhard). SENDUNG: ORF2 - MI - 23.10.2013 - 20:15 UHR. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung oder Veranstaltung des ORF bei Urhebernennung. Foto: ORF/Petro Domenigg. Anderweitige Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606
In „Live is Live“ sprechen Sie auch Französisch. Sie klingen dabei sehr authentisch.

Ich habe Romanistik studiert und einen Ferien-Wohnsitz in Frankreich. Früher habe ich dort gelebt.

Können Sie auch kochen wie im Film?

Sehr gut. Tee und weiche Eier.

In beiden Filmen spielen Sie eher ernste Rollen. Von der Bühnenfigur „Didi“ haben Sie sich verabschiedet. Sind Sie Ihrer Vergangenheit böse?

Nein, die hab ich ja selbst geschaffen. Didi hat viel zu meiner Popularität beigetragen. Ich wusste aber, dass ich mit dieser Figur nicht zu neuen Ufern aufbrechen kann. Didi war gestern, heute ist Dieter.

Anderes ernstes Thema: Sie sind FDP-Anhänger. Wie geht es Ihnen nach dieser Wahl?

Nicht besonders gut. Aber da müssen wir jetzt durch und es muss eine Runderneuerung stattfinden.

Sie bleiben Ihrem Team treu?

Auf jeden Fall! Für mich ist der Liberalismus die umfassendste Alternative zu jeder Form der Unfreiheit. Ich fühle mich da als absoluter Individualist am meisten aufgehoben. Im Trott von Volksparteien mitzumarschieren wäre nichts für mich, das wär mir langweilig. Da ziehe ich ein gepflegtes Häufchen Chaos vor.

Sie haben zwanzig Jahre keine große Kinorolle gespielt. Wieso das lange Warten?

Es fehlten die richtigen Angebote. Ich wollte auf die Leinwand zurück mit einem Film, hinter dem ich stehe. Bei diesem Film ist es so: Die Rolle ist zum Teil wesensgleich mit meiner eigenen Person. Deswegen meine ich, das ist eine sehr ehrliche Botschaft.

Hallervorden: "Aufgeben ist mir fremd"
epa03409977 German actor Dieter Hallervorden (R) (as Paul Averhoff) is pictured during the filming of 'Sein Letztes Rennen (His Last Race)' in the Olympic Stadium in Berlin, Germany, 25 September 2012. The film willl be released in German cinemas by Autumn 2013.  EPA/BRITTA PEDERSEN
Der Film hat in Deutschland sehr gute Kritiken bekommen. Eine Genugtuung gegenüber Leuten, die Sie als Schauspieler nicht ernst genommen haben?

Ich wurde jahrzehntelang von der Kritik gebeutelt. Das machte mir nichts aus, denn ich mache meine Arbeit für die Zuschauer. Aber ich finde es schön, im Nachhinein zu beweisen, dass die Leute nicht bemerkt haben, was für ein guter Schauspieler hinter dem Komödianten steckt.

Sind Sie privat ein lustiger Mensch?

Nichts verklemmt mich mehr, als eine Gesellschaft, wo alle von mir den Komiker erwarten.

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