Denn auf diesen hübsch gefiederten Freund – im Steinbruch fängt er zwar keine Vögel, sondern klaut nur die Eier aus dem Vogelnest – ist alles hingesteuert. Papageno hier, Papageno da, möchte man fast sagen. Und dieser Papageno („Ich bin der Geno,der Papa, Geno“) löst diese Versprechen allesamt ein.
Max Simonischek, der Sohn von Peter Simonischek und wirklich exzellente Schauspieler, hat diese Rolle in der Regie seines Schauspielerkollegen Cornelius Obonya und dessen Frau Carolin Pienkos übernommen. Und Max Simonischek macht das richtig gut. Natürlich, er ist kein Sänger. Das muss bei dieser Rolle nicht sein. So kommt etwa bei der mit sehr viel Selbstironie vorgetragenen Arie „Der Vogelfänger bin ich ja“ ein an den Dirigenten adressiertes „Ach, Karsten!“ – Papageno will sich doch auch mal erklären und muss nicht zu Ende singen.
Denn es geht sehr flapsig, sehr plattdeutsch zu, bei dieser optisch ansprechenden „Zauberflöte“. „Mädels, ihr seid aber schick“, wird Papageno einmal zu den Drei Damen der Königin der Nacht sagen. Oder: „Das ist keine Oper im Steinbruch, das ist ein Krippenspiel in der Wüste.“ Damit hat er nicht unrecht, denn diese „Zauberflöte“ hat etwas von einem Krippenspiel. Allerdings in einer guten Reader’s-Digest-Version, die nur unter der extrem ausgestellten politischen Korrektheit zu leiden hat.
Diese ist in Raimund Bauers sehr attraktivem Kugel-Wolken-Bühnenbild leider zu oft zu erleben: Denn Obonya und Pienkos geht es um die Menschenrechte, um die Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann. Diese Erklärungen werden mittels Projektionen eingeblendet.
Am Ende fährt die Königin der Nacht nicht zur Hölle, sondern gibt Sarastro ihre Hand. Tamino und Pamina werden wie auch Papageno und Papagena (logisch) ein Paar – alles ist gut!
Ja, dank der wunderschönen Kostüme (Gianluca Falasci), der guten Choreografie (Kati Farkas) und der bereits erwähnt pompösen Ausstattung funktioniert dieser Mozart im Steinbruch sehr gut. Auch via ORF III konnte man sich davon ein Bild machen.
Womit wir endgültig bei der musikalischen Seite wären. Im Orchestergraben hat Dirigent („Ach, Karsten“) Januschke das Sagen, und das macht er am Pult des Orchesters der Budapester Philharmonischen Gesellschaft äußerst gut. Karsten Januscke stellt dem übertriebenen Getue einen feingliedrigen, austarierten Klang gegenüber, der nicht nur dem wackeren Philharmonia Chor Wien zugutekommt. Hier zeigt sich – trotz noch ausbaufähiger Tonanlage –, was mit Mozart auch in einem Steinbruch alles möglich wäre.
Die Sänger sind dem Steinbruch sehr gewachsen. Max Simonischek ist ein guter Einzelfall – seine Cover-Besetzung übrigens ein gelernter Sänger. Aber: Tenor Attilio Glaser gibt einen sicheren, sympathischen Prinzen Tamino, seine Pamina ist bei Ana Maria Labin in besten vokalen Händen. In St. Margarethen wird bekanntlich alterniert. So darf sich das Publikum auch auf eine Papagena namens Theresa Dax freuen, die stimmlich wie darstellerisch keine Wünsche offen lässt. Danae Konora meistert die mörderische Partie der Königin der Nacht mit allen Höhen und mit Anstand (Achtung: Szenisch sind Frauen bei dieser Produktion Schlangen und Männer Raubvögel).
Luke Stoker orgelt den Sarastro kultiviert herunter. Keith Bernard Stonum findet als Monostatos kaum statt. Zu dieser sehr ambivalenten Figur ist dem Leading-Team in Zeiten der politischen Überkorrektheit gar nichts eingefallen. Sehr gut dafür die sehr emanzipierten Drei Damen der Königin der Nacht, die sich in „Sex and the City“-Manier des Prinzen Tamino bemächtigen wollen. Elizabeth Reiter, Nina Tarandek, Marie-Luise Dreßen kosten ihre Dialoge voll aus.
Abseits der teils jenseitigen plattdeutschen Dialoge hat Daniel Serafin in St. Margarethen ein wichtiges Zeichen gesetzt. Die Oper lebt im Steinbruch! 2020 kommt Puccinis „Turandot“ mit der großartigen Martina Serafin in der Titelpartie. Und das wird dann sicher laut Papageno kein „Krippenspiel in der Wüste“. Nee, det kann man sich einfach nicht vorstellen.
Kommentare