Die Renaissancefürsten Kaliforniens
„San Francisco ist heute wie das Florenz der Medici“, sagte Trevor Traina, als das Magazin Forbes ihn für eine opulente Home-Story interviewte. Der Unternehmer – Spross einer reichen Industriellenfamilie, zugleich Gründer mehrerer Internet-Start-Ups – zeigte dabei neben seiner luxuriösen Villa auch seine mehr als 300 Werke umfassende Kollektion künstlerischer Fotografie her. „Der unglaubliche Mix aus Business, Kunst und Kreativität produziert hier eine neue Renaissance“, erklärte der Sammler.
Sind Menschen wie Traina tatsächlich die Mäzene einer neuen kulturellen Blütezeit? Der Kulturbetrieb, der in den USA in ungleich höherem Ausmaß vom Engagement privater Geldgeber abhängt als in Europa, hat die Elite des Silicon Valley jedenfalls fest im Visier. Doch zugleich haben die neuen Reichen, die mit Technologie zu Geld gekommen sind, oft wenig Tradition in der Kunstförderung und geben ihr Geld mit knallharter Berechnung aus: „Wohltätigkeit“ muss für sie so effizient wie möglich sein.
Mäzenatentum neu
„Gerade die Leute, die mit der Digitalindustrie groß geworden sind, suchen auch eine andere Sphäre der kulturellen Erfahrung und des Erlebens, die mit dem realen Objekt und dem physischen, gemeinsamen Erlebnis zu tun hat“, erklärt Max Hollein dem KURIER dazu via e-Mail.
„Nicht vergessen darf man, dass es nicht nur die Tech-Gründer sind, die durch den Boom der Digital Technologies zu Wohlstand gekommen sind, sondern alle Branchen, die sich darum herum bewegen“, sagt Hollein. Neben den Chefs von Immobilienfirmen und Anwaltskanzleien seien vor allem die erfolgreichen Kapitalgeber der ersten Internet-Generation große Förderer der Kultur.
Die digitale Elite
Kunst versus Medizin
„Natürlich geht es gerade im Anfangsstadium einer philanthropischen Perspektive darum, den Förderer auf unsere Ziele und unsere Leistung für die Gesellschaft einzuschwören“, sagt Museumsdirektor Hollein dazu. „In diesem Stadium ist durchaus eine Konkurrenz nicht nur innerhalb der ,Branche’, sondern auch zwischen Wissenschaft und Forschung, Erziehung, Gesundheitswesen und Kultur vorhanden.“
Es ist also Aufklärungsarbeit nötig, damit die Medici aus dem Silicon Valley – laut einer Erhebung lebten Anfang 2016 allein in den ans Stadtgebiet San Franciscos grenzenden Bezirken San Mateo und Santa Clara 76,000 Millionäre und Milliardäre – ein ganzheitliches Verständnis für Kunst und Kultur entwickeln.
Eine Personengruppe, die ihnen dies beibringen könnte, ist übrigens im Mix der Metropole unterrepräsentiert: Künstlerinnen und Künstler können sich das Leben in der Region oft schlicht nicht leisten. Es gibt aber bereits philanthropische Initiativen, die sich um leistbare Atelierräume im neuen Florenz Kaliforniens kümmern wollen.
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