Die Meister aus dem Kunstdepot

"Andante" (Ausschnitt) von Rudolf Bauer (1938): Der Deutsche, der 1939 in die USA emigrierte, stellte mit Wassily Kandinsky und Paul Klee aus
Vergessene Künstler werden wiederentdeckt. Dabei offenbart sich die Politik des Kunstmarkts.

Rudolf Bauer, aha. Kennen Sie den? Er ist "der vergessene Meister des 20. Jahrhunderts", zumindest nach den Angaben von Sotheby’s.

Das Auktionshaus richtet dem 1953 verstorbenen Deutschen, der 1939 in die USA emigriert war, im September eine große Verkaufsausstellung in New York aus.

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JAPAN PRAEMIUM IMPERIALE
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FRANCE ARTS
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Parallel ist ein Theaterstück und eine TV-Doku zu Bauers bemerkenswertem Leben zu sehen: Der Maler, der mit Größen wie Paul Klee oder Wassily Kandinsky ausgestellt hatte, "verpfändete" nach seiner Emigration sein Lebenswerk nämlich für ein hübsches Haus und ein Auto an den Sammler Solomon R. Guggenheim.

Doch in dessen berühmtem Museum an der Fifth Avenue sollten Bauers Bilder nie hängen – nach Guggenheims Tod 1949 verlor auch Bauers Fürsprecherin Hilla Rebay jeden Einfluss in dessen Stiftung, die Bilder verschwanden im Depot.

Zweite Reihe

Kunstsammler lieben solche Geschichten – zumal viele große Werke aus der jüngeren Kunstgeschichte heute äußerst rar oder extrem teuer geworden sind. Die Wiederentdeckung von Meistern aus der zweiten Reihe bringt frische Ware auf den Markt – und schafft im Idealfall beträchtliche Werte.

Die Umsatzbringer von morgen lassen sich allerdings nicht aus dem Hut zaubern. "Eine Wiederentdeckung setzt voraus, dass diese Leute in ihrer Zeit eine gewisse Bedeutung gehabt haben", sagt Eberhard Kohlbacher, der mit seinem Partner Alois Wienerroither u. a. die Malerin Marie-Louise Motesiczky im Galerie-Programm hat: Als Tochter aus reichem Hause hatte diese es zeitlebens nie nötig, ein Bild zu verkaufen – doch war die Schülerin Max Beckmanns und Gefährtin Elias Canettis in der Kunstwelt gut vernetzt und schuf außergewöhnliche Bilder. Auch Rudolf Bauer trägt durch seine Verbindung zu Guggenheim und Kandinsky den "Qualitätsstempel" der Geschichte.

Aufmerksamkeit & Geld

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Auch die Kunst seit den 1960ern unterliegt einer Neubewertung: So wurde der Franzose Martial Raysse kürzlich mit dem "Praemium Imperiale", der als "Nobelpreis der Kunst" gilt, ausgezeichnet.
Damit aus einem anerkannten Künstler ein wertvoller wird, braucht es allerdings noch mehr. Der Franzose Martial Raysse etwa war außerhalb seines Heimatlands lange kaum bekannt – doch als ein US-Händler 2011 ein Werk bei Christie’s London um vier Millionen Pfund ersteigerte, hoben sich auch die Augenbrauen der internationalen Sammlerschaft.
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Raysse hatte sich mit der Pop-Art auseinandergesetzt: 'A Painting in the French Style II' (1966) ist als ironische Ansage an den US-dominierten Stil zu verstehen.
Es folgten eine große Raysse-Verkaufsausstellung in New York und eine Retrospektive im Pariser Centre Pompidou (noch bis 22. September): Mit Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely, die den berühmten Brunnen vor dem Pompidou gestalteten, hatte Raysse einst die Kunstströmung des "Nouveau Realisme" begründet.

Dass hinter solchen "Entdeckungen" handfeste Interessen stehen, liegt auf der Hand. Dass Sammler und Händler bei Auktionen mitbieten, um das Preisniveau ihrer favorisierten Künstler zu halten oder zu steigern, ist ebenfalls gängige Praxis. Die Idee, dass hinter jeder Entdeckung ein verschworenes Netzwerk von Strippenziehern stehe, ist dennoch überzogen, glaubt der Wiener Kunsthändler Herbert Giese: "Es ist nie gelungen, gegen das allgemeine Interesse etwas zu pushen", sagt er. "Das kann nur funktionieren, wenn die Zeit reif ist."

Giese hat große Teile des Nachlasses von Hans Boehler (1884–1961) erworben, der einst Mitglied der von Egon Schiele gegründeten "Neukunstgruppe" war.

Giese versucht nun, Boehlers Spätwerk bekannter zu machen. Ein Geschäft ist das bisher nicht: "Ich hoffe auf die Mittelfristigkeit", sagt er.

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James Gill/Courtesy Premium Modern Art
Der Blick auf die jüngsten Revivals zeigt auch: Für jeden Künstler, bei dem eine Neubewertung gelingt, gibt es unzählige, die vergessen bleiben. Einige können immerhin selbst noch ein kleines Comeback erleben – wie James Gill, ein US-Künstler, der einst mit Größen wie Warhol und Lichtenstein ausstellte, dann verschwand und in den 1980ern wieder zu malen begann.
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James Gill/Courtesy Premium Modern Art
Manuel Moosherr, ein ehemaliger Immobilienkaufmann aus Heilbronn/D, hat sich seit vier Jahren Gills Management verschrieben. Er verspricht seinen Kunden – und wohl auch sich selbst – hohe Wertsteigerungen der Bilder.

In Österreich Bis inklusive Sonntag (24. 8.) läuft noch die Kunstmesse „Art Salzburg“ (Churfürststraße/Sigmund-Haffner-Gasse; www.artsalzburg.info). Giese &

Die Meister aus dem Kunstdepot
06. Fury 1947, Öl auf Leinwand, 186 x 101,5 cm, rückseitig zweimal signiert „Hans Boehler“ sowie Stempel der Artists‘ Gallery Ausstellungen: Artists‘ Gallery, New York, Februar 1960 Provenienz: Nachlass Hans Boehler, U.S.A.; Friederike Beer-Monti, U.S.A., Privatbesitz, U.S.A.
Schweiger zeigen dort eine Auswahl von Arbeiten von Hans Boehler (Preise für Werke auf Papier 8500 – 16.000 €, Ölbilder ab 38.000 €). Wienerroither & Kohlbacher setzen bei der Messe auf Etabliertes wie Schiele & Kokoschka.

Der US-Künstler James Gill gibt von 4. bis 27. September ein Gastspiel in der Wiener Galerie Augustin (Lugeck/Ecke Köllnerhofgasse, 1010 Wien, www.galerie-augustin.com). Seine Gemälde sind ab 9000 € zu haben, Serigrafien ab 850 €.

International Die Martial-Raysse-Retrospektive im Centre Pompidou Paris ist bis 22. 9. zu sehen (www.centrepompidou.fr). Die Rudolf-Bauer-Ausstellung bei Sotheby’s New York läuft von 22. 9. bis 10. 10.; Werke kosten hier zwischen 8000 und einer Million US-Dollar (1334 York Ave.; www.sothebys.com). Ebenfalls „wiederentdeckt“ wird der Bauhaus-Künstler Oskar Schlemmer mit einer großen Schau in der Staatsgalerie Stuttgart (21. 11. 2014 bis 6. 4. 2015; www.staatsgalerie.de).

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