Die Lovestorys von Fettes Brot: Opa liebt Opa, Linker liebt Nazi

Die Lovestorys von Fettes Brot: Opa liebt Opa, Linker liebt Nazi
Die Hamburger Rapper widmen sich auf ihrem neunten Album ganz den Liebesliedern.

„Wenn du mich küsst, verspritzt du Gift, und innerlich zerfrisst es mich. Baby du driftest nach rechts!“

In dem Song „Du driftest nach rechts“ beleuchten Fettes Brot das Thema Rechtsruck aus der Perspektive eines Liebespaares, das sich trennt, weil sie ihre Haltung verloren hat und immer hasserfüllter über Flüchtlinge spricht. Das Lied ist Teil von „Lovestory“, dem eben erschienen neunten Album der Hamburger, und der Beweis dafür, dass es sich ausgezahlt hat, dafür zehn fertige Songs wegzuwerfen.

„Als wir die erste Version des Albums unserem engsten Kreis vorspielten, kamen wir drauf, dass die besten Lieder von der Liebe handeln“, erinnert sich „König Boris“ Lauterbach im KURIER-Interview. „So kamen wir auf die Idee, eine Platte nur mit Liebesliedern zu machen. Das wirkte zwar anfangs wie eine Einschränkung in Bezug auf sozialkritische Dinge, die wir sagen wollten, aber eigentlich hat uns das befreit und inspiriert. Sonst wären wir nicht auf die Idee gekommen, das Thema Rechtsruck so aufzulösen.“

Selbstinszenierung

So gibt es auf „Lovestory“ neben Songs über die Liebe zwischen Freunden, die zur Familie oder zum Partner auch andere ähnlich originell aufgelöste Kommentare zum Zeitgeschehen. „Ich liebe mich“ handelt von Selbstliebe und zielt humorvoll auf die Selbstinszenierung in den Sozialen Medien und deren Konsequenzen ab. „Opa und Opa“ besucht ein schwules Paar, das seit Jahrzehnten zusammen ist und auf dem Sofa alte Zeiten Revue passieren lässt. „ Man denkt bei Schwulen immer an junge, wilde Leute und nicht an Paare, die eine ewig lange, tolle Beziehung haben“, sagt „Björn Beton“ Warns. „Und weil Opa und Opa schon in den 60er-Jahren zusammenkamen, wo das Leben für schwule Paare noch viel schwieriger war, dachten wir, dass das eine interessante Story für einen Song gibt.“

Die Lovestorys von Fettes Brot: Opa liebt Opa, Linker liebt Nazi

Das Thema war Fettes Brot ein großes Anliegen, weil sie viele schwule Freunde haben und fürchten, dass mit dem derzeitigen politischen Klima die Rechte der LGBT-Gemeinschaft in Gefahr sind. „Ich glaube, wenn die politische Klasse einen Ton setzt, der so menschenverachtend ist und unterschwelligen Hass gegen bestimmte Lebensformen verbreitet, verfestigt sich das schnell“, erklärt Martin „Doc Renz“ Vandreier. „Wenn diese Politiker dann auch noch ein Job machen, der scheinbar okay ist, weil zumindest die Wirtschaft nicht den Bach runtergeht, wächst die nächste Generation damit auf und hält das für normal. Dann ist es schwer, das wieder aus den Köpfen rauszukriegen und zu sagen: ,Hey, wir waren schon mal viel weiter!’ Man sieht ja an Ländern wie Polen, Brasilien oder Russland, wie da die Uhren zurückgedreht werden.“

Aktionismus

Aufgenommen haben Fettes BrotLovestory“, das im Sound an die früheren Alben anschließt, aber mit weit weniger Samples auskommt, mit der ganzen Live-Band. „Wir waren alle in einem Raum, haben Geräusche aus unseren Instrumenten geholt und so die Songs erarbeitet“, sagt Lauterbach. „So haben wir noch nie Musik gemacht!“

Die Lovestorys von Fettes Brot: Opa liebt Opa, Linker liebt Nazi

Ob das beim nächsten Mal noch so geht, ist aber fraglich. Denn der Hinterhof, in dem das Trio sein Studio hat, wurde von Investoren gekauft, wodurch die seit 30 Jahren eingesessene selbstverwaltete Hofgemeinschaft bedroht ist. Mit dem Verein „Viva La Bernie“ und Protestaktionen versuchen Fettes Brot und die anderen Anrainer dagegenzuhalten und das Areal selbst zu kaufen.

„Es geht nicht nur darum, dass wir unser Studio nicht verlieren wollen. Wir wollen damit auch nicht selbst das große Geld machen, sondern den Hof dem Spekulationsmarkt entziehen und ihn genossenschaftlich verwalten. Denn das, was Hamburg zu so einer coolen, Stadt macht, sind genau solche Hinterhöfe und Subkulturen. Und die müssen auch für die Zukunft der Stadt erhalten bleiben.“

INFO
Fettes Brot treten am 25. Oktober im Gasometer in Wien auf.

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