Vom heiligen Ernst des Untergangs

Fertig zum Weltuntergang! Stefanie Dvorak (stellvertretend für ein herrliches Ensemble)
Salzburger Festspiele: Georg Schmiedleitner zelebriert Karl Kraus’ Kriegsdrama "Die letzten Tage der Menschheit".

Am Ende des ersten Teils – nach doch sehr langen zweieinhalb Stunden – kommt vom Rang ein erboster Zwischenruf: "Heiliger Helmut Qualtinger, schau oba!"

Das sollte wohl heißen: Hilfe, mir ist fad! Helmut Qualtinger hatte ja mit überaus unterhaltsamen Lesungen von "Die letzten Tage der Menschheit" brilliert. Bei Qualtinger war Karl Kraus’ Protokoll vom Untergang der Menschlichkeit – erzählt anhand der Geschichte des Ersten Weltkriegs, unter Verwendung von vielen Originaldokumenten – eine Komödie des Grauens.

Bei Georg Schmiedleitner, der "Die letzten Tage" als Koproduktion der Salzburger Festspiele und des Burgtheaters inszenierte, hat die Komödie Saalverbot. Selbst kabarettistische Szenen (Ausnahme: der zum Brüllen komische Streit der Hausfrauen) werden mit grimmigem Ernst inszeniert. Die herrlichen Dialoge zwischen dem "Optimisten" (Gregor Bloéb) und dem "Nörgler", in dem sich der Autor selbst abgebildet hat (Dietmar König) verlieren dadurch an Wirkung: Der Theaterton wirkt wie ein Rufzeichen auf satirischen Sätzen, die klingen dann auf einmal pathetisch statt hinterhältig.

Warum der Regisseur so vorgegangen ist, ist klar und ehrenwert: Er wollte verhindern, dass aus dem Abend die berüchtigte "Revue" wird, die gefürchtete Kraus-"Collage", das heitere Weltkriegs-Gruseln, das in diversen Sommertheater-Innenhöfen gern genommen würde.

Beklemmung: jetzt!

Daher mahnen bei Schmiedleitner dröhnende Paukenschläge, grelle Lichtblitze, ihr Leben eher auströtende denn aushauchende Blasmusiker (die Postmusik Salzburg unter Franz Milacher) und eine unheilvoll intonierte Version von Bob Dylans "Masters Of War" (Musiker: Lenny Dickson, Tommy Hojsa, Mattias Jakisic) das Publikum zum heiligen Ernst.

Das ist ein angemessenes Konzept, es wird auch eindrucksvoll Beklemmung erzeugt – allerdings wirken fast viereinhalb Stunden Beklemmung irgendwann einfach ermüdend.

(Zwischenbemerkung: Viereinhalb Stunden sind möglicherweise keine ideale Länge. Möglicherweise müsste man sich bei dieser Textmenge entweder für eine scharfe 90-Minuten-Filmfassung entscheiden, oder für einen zehn-, zwölf-, 15-stündigen Marathon. Viereinhalb Stunden wirken gleichzeitig zu kurz und zu lang.)

Das alles aber ist Nörgeln auf hohem Niveau. Georg Schmiedleitner hat eine hoch seriöse, über weite Strecken packende Inszenierung gebaut, die zum Ende hin immer schrecklicher, böser, gefährlicher wird.

Szenenbilder

Vom heiligen Ernst des Untergangs

SALZBURGER FESTSPIELE: FOTOPROBE "DIE LETZTEN TAGE
Vom heiligen Ernst des Untergangs

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Tolles Ensemble

Er wurde dabei von einem grandiosen Ensemble unterstützt. Als Erster sei Christoph Krutzler genannt: Krutzler – bisher im Volkstheater als verlässlicher "Ensemble-Schauspieler" tätig – trifft den lauernden Kraus-Ton am besten, seine Rollen-Interpretationen sind brillant, böse und komisch zugleich. Elisabeth Orth (etwa als hilflose Bestie von einem Lehrer) und Peter Matić (etwa als untoter Kaiser Franz Joseph) sind hinreißend. Stefanie Dvorak fällt z. B. mit einem furiosen Solo auf, in dem sie voller Panik in kürzester Zeit durch Dutzende Rollen irrt.

Die große Dörte Lyssewski ist als hetzerische Kriegsreporterin Alice Schalek das Zentrum der Aufführung und bei aller Großartigkeit manchmal nah an der Übertreibung. Ohne Einschränkung gut sind auch alle anderen: Sven Dolinski, Laurence Rupp, Bernd Birkhan, Alexandra Henkel, Petra Morzé und Thomas Reisinger.

Am Ende gibt es vom Premierenpublikum im Landestheater demonstrativ langen Applaus und viele, viele Bravos für eine spannende und wichtige Aufführung, der es vielleicht nur (noch) ein bisschen an Groove fehlt.

Eine letzte Anmerkung, die Georg Schmiedleitners Leistung nicht schmälern soll: Es wäre interessant gewesen zu sehen, was der ursprünglich vorgesehene Regisseur Matthias Hartmann aus dem Stoff gemacht hätte. Eine raue Work-in-progress-Arbeit wie Hartmanns sensationell gute "Krieg und Frieden"-Bearbeitung wäre ein anderer, ebenso spannender Weg gewesen.

Vom heiligen Ernst des Untergangs
Gregor Bloeb als "Der Optimist"

Stück Karl Kraus’ Weltkriegs-Drama, zusammengesetzt aus Originalzitaten, aber auch satirischen Texten, analysiert brillant die verlogene, hilflose Sprache des Krieges. Das Werk wurde noch nie zur Gänze szenisch aufgeführt.

Inszenierung (Fast zu) Ernsthaft, beklemmend, zum Ende hin immer packender. Das Thema Satire wird großteils (bewusst?) verfehlt.

Spiel Brillant.

KURIER-Wertung:

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