"Die Frau des Nobelpreisträgers": Glenn Close brilliert als verkappte Schriftstellerin

"Die Frau des Nobelpreisträgers": Glenn Close brilliert als verkappte Schriftstellerin
Glenn Close liefert die Altersrolle ihres Lebens und katapultiert ein solides, konventionelles Drama in den Rang des Außergewöhnlichen.

Man kennt diese öffentlichen Anlässe: Ein Mann tritt vor sein Publikum, nimmt einen Preis entgegen und bedankt sich dann bei seiner Frau, „ohne die das alles nicht möglich gewesen wäre“.

So auch der Nobelpreisträger Joe Castleman. Auch er will seiner Frau – „meiner Muse und der Liebe meines Lebens“ – für alles danken, was er mit ihrer Hilfe erreicht hat. Doch seine Frau verbittet sich das Lob des Ehemanns. Alles, wirklich alles, dürfe er bei seiner Dankesrede für den großen Preis sagen – nur das eine nicht: „Don’t thank me.“ Und das meint sie todernst.

Sie, „The Wife“ oder, zu Deutsch: „Die Frau des Nobelpreisträgers“, wird von Schauspiel-Veteranin Glenn Close verkörpert. Und sie ist es auch, die das Herzstück der Verfilmung von Meg Wolitzers Roman ausmacht.

Ihre größten Hauptrollenerfolge feierte Glenn Close im Kino der 80er- und 90er-Jahren, etwa in „Eine verhängnisvolle Affäre“, wo sie mit Michael Douglas eine heiße Sexszene auf der Küchenabwasch hinlegte. In „Gefährliche Liebschaften“ treibt sie als intrigante Marquise John Malkovich und Michelle Pfeiffer in den Liebestod. Doch auch auf der Bühne und im Fernsehen findet man sie stark vertreten.

Als „The Wife“ liefert Glenn Close die Altersrolle ihres Lebens und katapultiert ein solides, konventionelles Drama in den Rang des Außergewöhnlichen.

Ehefassade

Glenn Close ist Mrs. Joan Castleman, Frau eines Bestseller-Autors, dessen erfolgreiche Karriere mit einem Nobelpreis belohnt wird. Mr. und Mrs. Castleman verbindet große Innigkeit und das gewachsene Selbstverständnis klar verteilter, ehelicher Rollen. Sie erinnert ihn an seine täglichen Pillen, und er stellt sie als seine Frau vor, die „Gott sei Dank nicht schreibt, sonst würde ich selbst andauernd an Schreibblockade leiden“.

Zuerst herrscht große Freude, als Mr. Castleman den Zuschlag für den Literaturnobelpreis bekommt. Die gesamte Familie glüht vor stolz, nicht zuletzt Mrs. Castleman. Das Ehepaar und der erwachsene Sohn fliegen nach Stockholm, um dort gemeinsam den Triumph zu zelebrieren. Doch dort treten die ersten Risse im Ehegefüge zutage: Ältere Herren bleiben unter sich, während die Ehefrauen zum Shopping geschickt werden.

Joan Castleman hält an ihrer Gelassenheit als glückliche Mrs. Castleman bestmöglich fest, doch die Rolle als Frau im Schatten beginnt ihr zuzusetzen. Hinter ihrer ehrlichen Freundlichkeit beginnt ehrlicher Furor zu toben, und Glenn Close kalibriert diese Zustände mit bemerkenswerter Raffinesse.

Im Duett mit ihr liefert auch Christian Slater als g’fernster Journalist großartige Auftritte, indem er Mrs. Castleman hintergründig anbaggert und in ihr den Zorn auf den Ehemann schürt.

In etwas uncharismatischen Rückblenden blickt der schwedische Regisseur Björn Runge in die 60er-Jahre und erzählt die Vorgeschichte des Paares. Doch man freut sich, wenn er wieder in die Gegenwart zurück schaltet, wo schon Glenn Close wartet und mit ihrem intelligenten Spiel den emotionalen Einsatz erhöht.

Heuer wurde die Schauspielerin zum siebenten Mal für einen Oscar nominiert, noch nie hat sie einen gewonnen. Lasst sie nicht auf den Oscar für ihr Lebenswerk warten.

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