Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

Mythos Cobain
"Montage of Heck" ist die bisher beste, weil intensivste Auseinandersetzung mit der Kultfigur Kurt Cobain.

5. April 1994. Ein Tag, der die Rockwelt nachhaltig prägte: Nirvana-Frontmann Kurt Cobain schob sich im Heroinrausch die Schrotflinte in den Mund, drückte ab und setzte so seinem Leben ein frühes Ende. Das Ende einer Legende – und der Beginn einer bis heute andauernden Mystifizierung.

Über Kurt Cobain, seine Musik und Probleme wurde bereits alles gesagt, analysiert und gedeutet: 21 Jahre nach seinem Suizid hat die Menge an Büchern, TV-Beiträgen und Filmen ein unüberschaubares Ausmaß angenommen. Doch das Ende der kommerziellen Ausschlachtung von Cobains Biografie scheint noch nicht erreicht zu sein. Denn mit "Montage of Heck" ("Collage aus der Hölle") erscheint eine weitere cineastische Abhandlung über den Sänger und Gitarristen von Nirvana, einer der populärsten Rockbands der Welt.

Der Dokumentarfilm des Regisseurs Brett Morgen, der in "Crossfire Hurricane" bereits die Karriere der Rolling Stones verfilmte, ist aber zum Glück mehr als nur eine Fußnote zum Mythos Cobain. Das liegt etwa am glücklichen Umstand, dass ihm der Zugang zum unveröffentlichten Nachlass der Rocklegende gewährt wurde – abgesegnet von Cobains Frau Courtney Love und deren gemeinsamer Tochter Frances Bean, die auch als Produzentin des Films angeführt wird.

Brett Morgen durfte sich also durch Material wühlen, das anderen Filmemachern verwehrt blieb: Tagebucheintragungen, Videomaterial, Notizen, Skizzen, Zeichnungen, Demo-Aufnahmen und Fotos. Cobain habe, so Morgen, eine der "detailliertesten und umfassendsten visuellen und akustischen Autobiografien hinterlassen, die ich je gesehen habe".

Nirvana in Kürze

Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

NirvanaPhoto1.jpg
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

Nirvana-Bleach.jpg
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

IN UTERO 20th_Kurt_NIRVANA93Fs_STEVE GULLICK.JPG
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

NIRVANA1.JPG
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

still_01.00001.jpg
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

Nirvana-Nevermind.jpg
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

NirvanaPhoto2.jpg
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

Nirvana5.jpg
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

Nirvanabwphotohires.jpg
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

NIRVANA2.JPG
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

Nirvana-Incesticide.jpg
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

Nirvana by Anton Corbijn (09).jpg
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

NIRVANA3.JPG
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

in_utero.jpg
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

nirvana-unplugged_in_new_york.jpg
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

NIRVANA4.JPG
Die dokumentierte Selbstauslöschung des Kurt Cobain

Nirvana_-_Live_At_Reading_-_Press_Shot_2.jpg

Abgründe

Die Geschichte, die er mit Archivmaterial, Interviews und Animationen im Stile von Richard Linklaters "A Scanner Darkly" erzählt, ist bekannt: Cobains unglückliche Jugend als Scheidungskind, Komplexe als Teenager, Flucht in eine Parallelwelt, Musik als Ventil, Gründung von Nirvana (1987), Durchbruch mit "Smells like Teen Spirit", Welttournee mit "Nevermind" (1991), Ehe mit Courtney Love, Geburt seiner Tochter, Heroinsucht, Selbstüberschätzung und Selbstmord mit 27 Jahren.

Das alles ist bekannt. Trotzdem entwickelt Morgen durch die rasante Abfolge der Bilder einen Sog, der einen immer tiefer in die seelischen Abgründe Cobains führt und offenlegt, wie aus dem aufgeweckten Bub aus Aberdeen im US-Bundesstaat Washington ein hilfloser Junkie werden konnte.

Zu Wort kommen Nirvana-Bassist Krist Novoselić, der von Cobains Kampf mit Dämonen erzählt. Die nervös wirkende Witwe Love, die den Traum ihres Mannes zitiert, drei Millionen verdienen zu wollen "und dann Junkie zu werden", Cobains Mutter Wendy sowie Vater Donald.

In verwackelten und intimen Aufnahmen sieht man den jungen Kurt Cobain beim Kindergeburtstag herumtollen, ist dabei, wenn er seine ersten musikalischen Schritte macht und sich das Ehepaar Cobain im Bad unterhält. Der Zuseher übernimmt dabei die Rolle eines Voyeurs, der gegen Ende mitansehen muss, wie Cobain sichtlich zugedröhnt, müde vom Leben und neben sich stehend versucht, seine Tochter im Arm zu halten.

Man ist dann auch an der deprimierendsten Stelle der Doku angelangt: Cobain ist seinem Ziel, der Selbstauslöschung, ganz nah.

Info: "Cobain: Montage of Heck" ist am 19. 4. als Abschlussfilm der Poolinale und am 25. 4. im Wiener Gartenbaukino zu sehen.

Programm. Von 16. bis 19. 4. widmet sich die Poolinale zum fünften Mal dem Format Musikfilm. Neben "Cobain: Montage of Heck" sind u. a. folgende Beiträge zu sehen:

– The Punk Syndrome Mit Downsyndrom Punk spielen? Keineswegs ein Widerspruch, wie die finnische Band "Pertti Kurikan Nimipäivät" beweist, die ihr Land beim Song Contest in Wien vertreten wird. Die Doku zeigt das ungewöhnliche Leben einer ungewöhnlichen Band (17./18. 4. um 18.30 Uhr im Top Kino).

– Biophilia Der sehenswerte Konzertfilm dokumentiert den Zauber des siebten Studioalbums der isländischen Musik-Ikone Björk (17.4. um 20.30 Uhr im Top Kino).

– Eden Ein bewegender Trip in das pulsierende Paris der 1990er-Jahre. Mia Hansen-Løve zeichnet den Siegeszug der Band Daft Punk nach (18. 4. um 22 Uhr im Top Kino).

– Heaven Adores You Zwölf Jahre nach Elliott Smith’ Tod zeigt die Doku die Lücken, die der hochbegabte Musiker hinterlassen hat (19. 4. um 16 Uhr im Gartenbaukino).

– A City Is An Island Porträt über die tolle Musikszene in Montreal, die Künstler wie Arcade Fire hervorbrachte (18. 4. um 20.30 Uhr, Top Kino).

Infos und Karten: www.poolinale.at

Kommentare