Die Bilderbuchsaison des Frühjahres 2015 ist Raben-lastig

 
Ihr schlechtes Image verfolgt die Raben seit Jahrhunderten in Literatur und Mythologie. Neuerscheinungen zeigen die krächzenden Vögel in neuem Licht.

Die Bilderbuchsaison des Frühjahres 2015 ist Raben-lastig. Das passt gut, denn das in Kinderbüchern beliebte Thema "Anderssein" lässt sich vortrefflich anhand von Geschichten über die blauschwarz-gefiederten Vögel schildern. Nicht zuletzt deshalb, weil diese intelligenten Tiere, denen die Literatur von jeher einen besonderen Platz einräumt, jahrhundertelang Verleumdungen ausgesetzt waren: von wegen "Rabeneltern". Und die Mythen, die sie begleiten, sind finster wie die Tiere selbst und handeln fast immer von Übel und Tod. Die Bilderbücher dieser Saison wissen dem eine Menge entgegenzusetzen.

"Die Rabenrosa"

Die steirische Künstlerin Helga Bansch, mehrfach mit dem Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Wien ausgezeichnet, setzt sich in ihrem wunderschön gestalteten Bilderbuch "Die Rabenrosa" mit dem Thema Diversität auseinander: In zarten und zugleich ausdrucksstarken Bildern schildert sie, wie sich aus den fünf Jungen im Rabennest vier Raben – und ein kleines Menschenkind entwickeln. Die kleine "Rabenrosa" wird von ihrer Rabenmutter ebenso geliebt wie ihre Geschwister, muss aber die Umwelt davon überzeugen, dass sie angesichts schwerwiegender Defizite in den Kategorien Fliegen und Krächzen ihre eigenen Fähigkeiten entwickeln kann. Und im Notfall immer noch auf dem Rücken ihrer Geschwister durch die Luft sausen darf.

INFO: Helga Bansch. "Die Rabenrosa". Verlag Jungbrunnen. Ab drei Jahren. 32 Seiten. 14,95 Euro.KURIER-Wertung:

"Der Paradiesvogel"

Vollkommen frei von Selbstzweifeln ist jenes bunte Tier, das in Markus Pfisters jüngstem Buch "Der Paradiesvogel" über die Seiten flattert. Dem Schweizer Künstler ist mit dem "Regenbogenfisch" 1992 einer der weltweit größten Kinderbucherfolge gelungen. Nun hat er mit dem regenbogenfarbenen Vogel eine Figur erfunden, die völlig unbekümmert ist ob der Tatsache, ein bunt Gescheckter unter den schwarz Gefiederten zu sein: Den Versuch der Rabengemeinde, ihn auszuschließen ("Das ist kein Rabe, er gehört nicht hierher"), kontert er forsch mit der Forderung nach "Party" und "Rabenrap", denn: "Man muss sein Glück selber in die Krallen nehmen!" Eine mutige Anleitung zur Selbstermächtigung, die allerdings, das muss man auch sagen, nicht jedem gelingt.

INFO: Marcus Pfister: "Der Paradiesvogel". Ab drei Jahren. Verlag minedition. 32 Seiten. 15,40 Euro.KURIER-Wertung:

"Als die Raben noch bunt waren"

Von Bunten und Uniformen erzählt auch die Oberösterreicherin Edith Schreiber-Wicke. Seit Jahrzehnten schreibt sie für Kinder und Jugendliche. Darunter Krimis für Teenager und Kinderbücher über Selbsterfahrung. "Knut hat Wut" etwa erzählt von einem emotionalen Vierjährigen, der ein Leben ohne Wutanfälle lernen muss. Im Jänner wurde Schreiber-Wicke der Österreichische Kunstpreis in der Sparte Kinder- und Jugendliteratur verliehen. Damit wurde sie für ihre Auseinandersetzung mit den Themen Anderssein, Selbstfindung und Selbstbestimmung gewürdigt.

Nachzulesen etwa im zum modernen Kinderbuchklassiker gewordenen "Als die Raben noch bunt waren". Das erstmals 1998 erschienene und nun wieder aufgelegte Bilderbuch beschreibt rivalisierende Horden kunterbunter Raben, die die Tierwelt in Aufruhr bringen. In Demos und Gegendemos beanspruchen sie Herrschaft und Recht: "Wir lassen nicht locker – ein Rabe ist ocker!" Die Rechthaberei hat ein Ende, als der große Regen kommt. Das Nachfolge-Buch "Der Rabe, der anders war" erzählt von dem letzten bunten Raben, der gerade in der Südsee war, als der Regen kam und alle Raben schwarz wusch.

INFO: Edith Schreiber-Wicke, Carola Holland: "Als die Raben noch bunt waren". Thienemann. Ab drei Jahren. 32 Seiten. 13,40 Euro. KURIER-Wertung:

"Raben-Baby"

Aus dem Rahmen fallen kann man als Rabe auch stimmlich. Davon berichtet John A. Rowes nun wieder aufgelegtes Bilderbuch "Raben-Baby". Hier begeistern nicht nur die Versuche des Rabenjungen, seinem Opernsänger-Opa nachzueifern, sondern vor allem die eigenwilligen Illustrationen: In dunklen Farben gehaltene Porträts rabenähnlicher Kreaturen mit merkwürdigen Kopfbedeckungen. Verschroben und genial. Ein Bilderbuch, in dem man auch dann gerne blättert, wenn die Kinder längst rausgewachsen sind.

INFO: John A. Rowe. "Raben-Baby". Mini-Minedition. 32 Seiten. 9,20 Euro. KURIER-Wertung:

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