Diagonale-Blog: Wechsel zwischen den Genres

Diagonale-Blog: Wechsel zwischen den Genres
Tag 3: Was bei der Diagonale auffällt - die vielen Dokus, das schöne Wetter, und natürlich Peter Kern.

Ein paar Dinge bei der Diagonale sind auffällig: Es gibt heuer wesentlich mehr Dokumentationen als Spielfilme zu sehen - von denen sind gar nur sieben neue im Programm, der Rest ist Rückschau auf das abgelaufene Kinojahr.

Dann ist bemerkenswert, wie lustvoll die Filmemacher zwischen den Genres hin- und herspringen, das Trennende gar nicht anerkennen wollen. Anja Salomonowitz erzählte beim Interview über ihren Eröffnungsfilm ,Spanien`, dass sie auf den roten Faden ihres ersten Spielfilms, die Geschichte des Fremdenpolizisten, der möglichen Scheineheleuten nachspürt, durch die Doku gekommen ist, an der sie auch gerade arbeitet. Für sie angenehm sei bei ,Spanien` gewesen, dass sie im Gegensatz zur Doku die Darsteller nicht zum Mitmachen überreden musste: ,Die haben sich förmlich drum gerissen, mitspielen zu können. Bei den Menschen in den Dokus bedarf das schon einiger Überredungskunst.`

Ein kompaktes Ensemble aus Spielfilm und Doku liefern auch die beiden Filmemacher Sebastian Meise und Thomas Reider mit ,Stillleben` und ,Outing`. Regiert in ,Stillleben`, dem Spielfilm, die Sprachlosigkeit und Scham des Protagonisten, eines biederen Familienvaters, über seine sexuelle Neigung zu Kindern, so schaffen Meise und Reider mit ,Outing` den Gegenentwurf: Ein 30-jähriger, gut therapierter potenzieller Pädophiler breitet vor dem Zuschauer sein Innenleben aus. Erzählt von seiner Obsession mit Kinderkörpern, die ihm schon mit 14, 15 Jahren bewusst wurde: ,Da habe ich mich zu meiner vierjährigen Cousine hingezogen gefühlt.` Sven ist gebildet, kann sich artikulieren, kann sein Innerstes nach außen kehren, zumindest versuchen, einen verstehen zu lassen, was ihn antreibt. Ein gruseliges Protokoll eines Noch-Nicht-Täters, der nach außen schrecklich normal wirkt. Eine kluge Gegenüberstellung der Filmemacher von Provinzdumpfheit und urbaner Offenheit, erschreckend in seiner Intensität sowohl als Doku als auch als Film.

Ereignis Kern

Was noch aufgefallen ist, ist natürlich Peter Kern: Veronika Franz, meine KURIER-Kollegin, und Severin Fiala haben ein wirklich amüsantes Porträt des exzentrischen Künstlers (,Kern`) gestaltet, in dem sich Herr Kern natürlich das Ruder nicht aus der Hand nehmen lässt. Er schimpft und sudert und entblößt sich (ja, er sitzt tatsächlich nackt im Bild). Beim Publikumsgespräch nach der Pemiere im Annenhofkino war Kern nett und gemäßigt und bezeichnete den Film launig als ,Hommage an die Fettschürze`. Franz und Fiala kamen kaum zu Wort.

Auffällig in Graz auch das tolle Wetter: Nichts wie raus in den Schanigarten vom Schubertkino oder in den vom Frankowitsch, dem besten Brötchencaterer zwischen Scheibbs und Nebraska (da kann sich das unaussprechliche Wiener Brötchenhaus verstecken!).

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