Diagonale-Blog: In Schwung gekommen

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Tag 2: Es sind alle da: Regisseure und Schauspieler, Verleiher und Produzenten und viele, viele Journalisten.

Am zweiten Tag des Festivals sind alle da: die Regisseure und Schauspieler, die ihre Filme vorstellen, die Verleiher und Produzenten, die ihnen Mut zusprechen und viele, viele Journalisten. Das übliche Flurfunk-Festival-Syndrom breitet sich in Windeseile aus: ,Den Film musst du gesehen haben, der ist wirklich gut`, ,Hast du schon gehört, dort ist heute eine nette Party` und ,Mixi und Maxi treffen sich zum Essen im Lecker-Schmecker-Beisl. Du musst auch hinkommen`. Überall scheint was los zu sein und man bekommt ein schlechtes Gewissen, das einen für den Rest der Zeit in Graz/Cannes/Venedig/Berlin nicht mehr loslässt.

Eine mögliche Dreiteilung zwecks Omnipräsenz wäre auch für heute, Donnerstag, in Graz nicht schlecht. Da sind drei Musst-du-gesehen-haben-Termine just zum gleichen Zeitpunkt, um 18 Uhr, angesetzt: Nikolaus Geyrhalter präsentiert als Galionsfigur des ORF-Abends seine sehr kontemplative Dokumentation ,Donauspital` über das gleichnamige Riesenspital am östlichen Wiener Stadtrand. Er filmt die dort Tätigen - vom Chirurgen über die Schwestern in der Neonatologie bis zu den Küchenhilfen alle kommentarlos ab, was - je nach Szene - fad bis eindringlich wirken kann. Der ORF hat Geyrhalter, der im Vorjahr mit ,Abendand` die Diagonale eröffnete, gut im Nachtprogramm versteckt: Er zeigt ,Donauspital` am kommenden Sonntag um 23.05 Uhr.

Dann wäre da Umut Dags ,Kuma`, der erste Langfilm des jungen, kurdischstämmigen Wieners. Dag erzählt die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Frauen, die zwischen den Kulturen leben. Fatma, die krebskranke Frau eines Türken, wählt Ayse zur Zweitfrau (Kuma, der Titel, ist das türkische Wort für Zweitfrau) für ihren Mann aus. Da die Familie in Österreich lebt, muss die Angelegenheit vertuscht werden. Ayse heiratet offiziell den ältesten Sohn der Familie, wird natürlich vom Rest der Familie, vor allem von den Töchtern Fatmas, nicht akzeptiert. Ein interessanter Erstlingsfilm über den in der türkischen Gesellschaft so wichtigen Schein nach außen hin, der ohne Rücksicht auf Verluste gewahrt werden muss. ,Kuma` wurde schon im Panorama der diesjährigen Berlinale gezeigt und hat hier in Graz seine Österreich-Premiere.

Auch Peter Kern zeigt seinen neuen Film

Schließlich Peter Kern: Der schwierige Künstler, der erst jüngst bei einer ORF-Talkshow über eine mögliche Fettsteuer auf ungesunde Nahrungsmittel beklagte, dass er immer nur als ,Fettsack` und nicht als Filmemacher oder Autor wahrgenommen würde, zeigt seinen eigenen neuen Film, ,Glaube, Liebe, Tod`. Eine aufgeladene Mutter-Sohn-Beziehung eskaliert auf einem Hausboot mit Motorschaden bis zur Unerträglichkeit. Für Liebe bleibt kein Spielraum, die Hoffnungslosigkeit ist allgegenwärtig.

Wie impulsiv und unberechenbar Kern ist, das zeigt die Dokumentation ,Kern`, die KURIER-Filmredakteurin Veronika Franz mit Severin Fiala über den Künstler gedreht hat. Franz und Fiala müssen sich von Kern beschimpfen, herumkommandieren, maßregeln lassen. ,Es ist nicht nur ein Porträt über einen Künstler, sondern auch ein Film, der viel über das Filmemachen an sich verrät`, erklärte Diagonale-Intendantin Barbara Pichler bei der Programmpressekonferenz.

Zwei Termine muss ich heute schaffen: Kern ist fix, zwischen Umut Dag und ORF/Geyrhalter ist es keine leichte Wahl.

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