Florian Schroeder: Die Grenzen der Satire verlaufen an der Grenze der Verfassung. Das erscheint mir derzeit das wichtigste Kriterium.
Wie haben sich die Grenzen in den vergangenen Jahren verschoben? Ist man durch einen möglichen Shitstorm vorsichtiger geworden?
Wenn die Shitstorms eine Qualität hatten, dann, dass man genauer arbeitet. Darüber hinaus ist das Klima insgesamt enger geworden. Man nimmt schneller übel, urteilt rasanter und lässt sich weniger ein.
Ist es mittlerweile gefährlich geworden, eine Meinung zu haben?
Nein, es ist gar nicht gefährlich, eine Meinung zu haben. Man kann heute mehr denn je sagen. Man muss nur zugleich auch schneller und härter mit den Konsequenzen rechnen. Das macht es manchmal ungemütlicher, aber nicht unmöglich.
Der Untertitel des Buches lautet: „Für mehr Hirn und weniger Hysterie“. In der Pandemie konnte man aber das Gegenteil beobachten. Warum sind in der Pandemie einige Menschen falsch abgebogen – Stichwort: Verschwörungsfanatiker, Alternativfakten-Anhänger?
Es ist ein Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren: Eine Pandemie ist eine massive Verunsicherung. Wenn diese wiederum auf Charaktere trifft, die ohnehin verunsichert sind, deren Welt und Situation darin ohnehin ins Wanken geraten ist, dann kann man schon einmal eine falsche Abwägung nehmen. Intelligenz spielt dabei erstaunlicherweise eine untergeordnete Rolle.
Unterhaltung in Kriegszeiten: Einige sagen ihre Auftritte ab. Das falsche Signal?
Satire ist in Kriegszeiten besonders wichtig. Wer darum absagt oder einknickt, spielt am Ende das Spiel des Aggressors, also Putins Spiel, weil er sich der Logik des Krieges überlässt.
Ein Auftritt in Berlin ist sicherlich anders als einer in Wien. Was unterscheidet den deutschen vom österreichischen Humor? Oder machen Sie da keine Unterschiede?
Die Unterschiede zwischen deutschen und österreichischen Humor sind riesig. Die Österreicher sind bedeutend abgründiger, mutiger, bitterer und auch böser. In Deutschland neigt man gerne zum Konsens und bleibt volkstümlich, möchte niemandem richtig wehtun. Da sind die Österreicher erfrischend härter.
Sie bezeichnen sich selbst als Sandwichgeneration: Anfang 40, „zu alt für Fridays for Future, zu jung, um so ein richtiger Arschloch-Boomer zu sein“, wie sie selbst sagen. Was zeichnet diese Sandwichgeneration aus, womit hat sie zu kämpfen?
Die Sandwich-Generation wollte immer alles perfekt machen. Sie war Generation Praktikum und hatte den Eindruck, sie müsse besonders hart kämpfen, um dahin zu kommen, wohin sie will. Zugleich hat sie damit höchste Ansprüche an sich selbst und andere entwickelt. Das macht sie manchmal verbissen und etwas angestrengt perfektionistisch.
Florian Schroeder: Der Deutsche ist ein gefragter Kabarettist, Autor, Kolumnist, Hörfunk- und Fernsehmoderator. Der 42-Jährige moderiert u. a. die „Florian Schroeder Satireshow“ für „Das Erste“ und die „SWR“-Kabarettsendung „Spätschicht“. Auf „WDR1“, „radioeins“ und „hr1“ ist er wöchentlich mit seinen Sendungen zu hören. Derzeit ist der „Spaßmacher“, wie er sich selbst gerne bezeichnet, mit seinem neuen Kabarettprogramm „Neustart“ unterwegs. Am 21. Mai führt ihn seine Tour auch nach Wien. Sein Auftritt im Stadtsaal (Mariahilfer Str. 81) ist sein einziger Termin in Österreich. Karten und Infos: www.stadtsaal.com.
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