Der letzte Regisseur der "Nouvelle Vague": Jacques Rozier ist tot

Der letzte Regisseur der "Nouvelle Vague": Jacques Rozier ist tot
Der Filmemacher, der stets im Schatten von Kollegen wie Jean-Luc Godard oder Francois Truffaut stand, wurde 96 Jahre alt

Er starb bereits am 31. Mai, französische Medien berichteten darüber, doch es dauerte, bis die Meldung in internationalen Kanälen aufschien: Mit Jacques Rozier hat der letzte Regisseur, der der wohl einflussreichsten Bewegung des europäischen Kinos, der "Nouvelle Vague", zugezählt wurde, die Welt verlassen. Laut New York Times hatte er zuletzt in dem Ort Théoule-sur-Mer an der Cote d'Azur gelebt - unweit von Cannes, wo er auch seine Filmerfolge beim dortigen Festival zelebrierte.

Die Leichtigkeit des Strandlebens war ein wiederkehrendes Motiv in Roziers Filmen, allen voran "Adieu Philippine" (1962), der dem damals 33-Jährigen den Durchbruch bescherte. Der Film, der die Geschichte eines Mannes erzählt, der kurz vor seiner Einberufung in den Algerienkrieg eine Liebesaffäre mit zwei jungen Frauen unterhält, wurde nicht zuletzt von den Kollegen wie Eric Rohmer und Jacques Rivette gelobt und im Zentralorgan der "Nouvelle Vague", dem Magazin "Cahiers du Cinema", als beispielhaft für den neuen Stil gelobt.

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"Adieu Philippine ist der einzige Film Roziers, der es halbwegs in den Kanon der Filmgeschichte geschafft hat, ein Nebenklassiker der Nouvelle Vague, in dem wie sonst nur in À bout de souffle  (Klassiker von Jean-Luc Godard, Anm.) so ziemlich alles auf den Kopf gestellt wird, was an Konventionen nur existierte", schrieb der deutsche Kulturwissenschafter Ekkehard Knörer 2014 in einem Aufsatz über Roziers Werk. Das Leichte, Tänzerische, das aber auf exakter Vorarbeit beruhte, war demnach ein Merkmal seiner Arbeit. "Plots  im weiteren Sinn also existieren. Sie gelten nur nichts. Was man erinnert aus diesen Filmen, sind Segelbootfahrten, ist das Streifen durch die Stadt, das Herumsitzen beim Essen am Tisch, sind Aufbrüche und Ankünfte und Abschiede, ist vor allem: Bewegung. In Zügen, auf dem Boot, mit dem Auto, im Bus, im Flugzeug."

Roziers Ruf hielt sich in Cineastenkreisen, reichte aber selten darüber hinaus. Insgesamt fünf Langfilme umfasst das Werk des Regisseurs, der in den 1960ern bei zahlreichen TV-Filmen Regie führte und 1983 Mitautor des Drehbuchs zum deutschen Film "Frevel" war. 2001 war er zuletzt zur Präsentation des Films "Fifi Martingale" öffentlich präsent. Später berichtete seine Assistentin Michèle Berson von heftigen Auseinanadersetzungen mit seiner Ex-Frau, der sie Freiheitsberaubung unterstellte. Berson war es auch, die nun die Nachricht von Roziers Ableben zuerst auf Social Media-Kanälen veröffentlichte.

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