Der fromme Avantgardist: Paris feiert den Maler El Greco

Der fromme Avantgardist: Paris feiert den Maler El Greco
Eine Werkschau verdeutlicht die Magie des Griechen, dessen Stil die Barockmalerei aufmischte und die Moderne inspirierte

Es ist kein Zufall, dass die Werkschau des Malers El Greco im Pariser Grand Palais (bis 10. 2. 2020) mit zwei Legenden beginnt.

Gleich am Eingang, in einem 1580 gemalten Bild, hält eine Heilige Veronika den Betrachtern ihr Schweißtuch entgegen, darauf tritt plastisch das Antlitz Jesu hervor. Unweit daneben sieht man eines der frühesten bekannten Werke, das der 1541 als Doménikos Theotokópoulos auf Kreta geborene Künstler, der später „der Grieche“ hieß, um 1567 schuf: „Der heilige Lukas malt die Jungfrau Maria“ ist auf den ersten Blick eine typische Ikone, nur ein dreidimensional wirkender Arbeitstisch, der auch in einem modernen Künstleratelier stehen könnte, verrät, dass hier einer schon über die starren Grenzen der Darstellungstraditionen blickte.

Beide Geschichten sind so etwas wie die Grundlagen einer religiös begründeten Kunsttheorie: Im Fall der Veronika beansprucht ein Bild – der Abdruck von Jesu Gesicht, die „Vera Icon“ – den Status einer Reliquie, die mit dem Göttlichen in Berührung kam. Im zweiten Fall beansprucht ein Künstler – der Evangelist Lukas, dem angeblich die Jungfrau Maria Modell saß – den Status eines Heiligen, eines Mittlers zwischen Gott und Mensch. El Greco sollte ihn im Laufe seiner Karriere noch oft malen.

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