Der Beweis für die geschobene ORF-Wahl

Der Beweis für die geschobene ORF-Wahl
Erstmals belegt ein Dokument, welche Zugeständnisse Alexander Wrabetz an die Politik machte, um den ORF-Chefsessel zu erobern.

"Es hat im Zusammenhang mit meiner Wahl rundfunkgesetzwidrige Drohungen von Gegnern, aber keine rundfunkgesetzwidrigen Absprachen von mir gegeben.“
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz nach seiner Wahl im August 2006

Gerüchte? Gibt es seit Jahr und Tag, jedenfalls seit dem 17. August 2006, an dem Alexander Wrabetz zum ORF-Generaldirektor gewählt wurde.

Spekulationen? Gibt es zuhauf. Weil es doch außergewöhnlich war, dass sich der Außenseiter in einem von der Schüssel-Regierung dominierten ORF-Stiftungsrat durchsetzte – gegen die von der ÖVP gestützte Generaldirektorin Monika Lindner.

Aber Beweise?

Die gab es bisher nicht.

Von Absprachen des SPÖ-affinen Wrabetz mit SPÖ, Grünen, FPÖ und BZÖ sprachen die einen. Von einer „Serviette“, auf der Wrabetz angeblich in letzter Minute BZÖ-Personalwünsche anerkannte, die anderen.

Hat er also? Oder hat er nicht? Hat Alexander Wrabetz parteipolitische Wünsche erfüllt, um am 17. August 2006 die höchste Karrierestufe auf dem Küniglberg zu erklimmen?

Er hat; der Deal wurde aber nicht auf einer Serviette schriftlich festgehalten. Vielmehr auf einem DIN-A4-Papier, das nicht nur den Verdacht auf unredliche Absprachen im Vorfeld einer ORF-Wahl nährt, sondern auch die Diskussion um ein öffentlich-rechtliches Leitmedium im Würgegriff der Parteien befeuert.

Wrabetz’ Handschrift

Das brisante Personal-Papier aus dem August 2006 wurde dem KURIER vertraulich übermittelt. An der Echtheit des Dokuments, das mittlerweile auch unter (ehemaligen) Stiftungsräten kursiert, besteht nach eingehender Prüfung und vertiefender Recherche kein Zweifel. Die Unterlage trägt die Handschriften von Alexander Wrabetz und dem Politiker Peter Westenthaler, seine Partei, das BZÖ, war damals Zünglein an der ORF-Wahl-Waage. Das Schriftstück wurde unmittelbar vor der überraschenden Wrabetz-Kür gefertigt.

Frappant: Bis auf den Radiodirektor (er wurde mit einem Landesdirektorenposten bedient) hat Wrabetz, der General in spe, tatsächlich alle Direktoren-Wünsche des BZÖ erfüllt.

Zünglein an der Waage

Rückblende. In die Endphase des ORF-Wahlkampfes zwischen Amtsinhaberin Monika Lindner und Herausforderer Alexander Wrabetz. Dieser bastelt emsig an seiner bunten Regenbogen-Koalition aus Rot, Blau, Grün und Orange, einzig der BZÖ-Unterstützung darf er sich trotz diverser Annäherungsversuche an die parteinahen Stiftungsräte sowie Parteigründer Jörg Haider noch nicht restlos sicher sein.

Aktuelle KURIER-Recherchen ergaben: Vier Tage vor der Wrabetz-Kür kam es zum geheimen Treffen mit BZÖ-Chef Peter Westenthaler, die Ergebnisse wurden in schriftlicher Form festgehalten. Am Ende des durchaus brisanten Dokuments steht folgender, für Wrabetz womöglich folgenschwerer Kernsatz:

„Das BZÖ bringt zumindest 4 Stimmen für die Wahl von Dr. Wrabetz am 17. August 2006.“

Und das BZÖ brachte die Stimmen.

Was musste Alexander Wrabetz dafür tun? Wo war seine Gegenleistung?

Wilde Kritzeleien

Es dürfte wild zur Sache gegangen sein an diesem Abend im August 2006, beim Tete-à-tete zwischen Wrabetz und Westenthaler. Auf dem Personalpaketszettel wurde heftig herumgekritzelt, neben den Schlüsselpositionen (Direktorenposten) ging es augenscheinlich um Leitungsfunktionen, vor allem in der Information. Namen wurden von Wrabetz handschriftlich gestrichen und wieder durch andere ersetzt.

Westenthaler dürfte Schlüsselpositionen in der obersten Führung verlangt haben – und er erhielt schließlich auch drei zentrale Positionen im ORF. Auf dem Beleg findet sich Elmar Oberhauser (siehe Faksimile) .

Weitere BZÖ-Bedingung war der Radio-Direktor – das musste ein Kärntner werden, wobei der damalige Landeshauptmann Jörg Haider (BZÖ) schließlich doch Willi Mitsche nach Wien schickte und den auf dem Zettel angeführten Willi Haslitzer zum Chef des Landesstudios in Klagenfurt machte.

Die dritte BZÖ-Forderung betraf offenkundig Thomas Prantner – er wurde Online-Direktor.

Drei wichtige Direktorenposten „für zumindest vier Stimmen des BZÖ für die Wahl von Dr. Wrabetz am 17. August 2006“ also – so steht es auf dem Papier. Was hat sich der Wahlwerber dabei gedacht?

Alexander Wrabetz ließ zu seiner Vereinbarung mit BZÖ-Spitzenmann Peter Westenthaler Folgendes ausrichten: „Ich habe natürlich mit vielen Stiftungsräten über meine strukturellen und personellen Vorstellungen vor der Wahl diskutiert. Es waren meine Vorstellungen und keine Forderungen seitens der Politik. Meine Vorstellungen wurden teilweise realisiert und teilweise nicht. Ich war immer frei, Vorstellungen auch zu ändern.“ Ein allfälliges Gekritzel, das er „nicht mehr in Erinnerung“ habe, sei natürlich keine Vereinbarung.

Peter Westenthaler wollte sich zu den Vorgängen im August 2006 nicht äußern. „Kein Kommentar.“ Nur so viel: „Wrabetz hätte damals sogar seine Großmutter verkauft, um ORF-Generaldirektor zu werden.“

Der Beweis für die geschobene ORF-Wahl

Das Dokument Stammt aus dem August 2006 und wurde vor der Wahl von Peter Westenthaler und Alexander Wrabetz gefertigt – es trägt deren Handschriften. Auffällig: Bis auf den Radiodirektor (Haslitzer wurde von BZÖ-Gründer Jörg Haider dann doch als Kärntner Landesdirektor gewünscht) wurden die Direktorenposten-Wünsche des BZÖ erfüllt. Kurios: Der Technische Direktor etwa dürfte dem BZÖ nicht wichtig gewesen sein; Er stand erst gar nicht auf dem Papier. Wrabetz notierte „TD: Mosmann“ (siehe Bild) – und machte Peter Moosmann in der Hitze des Gefechts um ein „o“ kürzer. Kernsatz des Dokuments: „Das BZÖ bringt zumindest 4 Stimmen für die Wahl von Dr. Wrabetz am 17. August 2006.“

Die Planspiele Offensichtlich ist, dass die Positionen der zweiten ORF -Führungsebene bei diesem Geheimtreffen noch zur Diskussionen standen; sie mussten noch mit den anderen Partnern in der Regenbogenkoalition abgeklärt werden. Fakt ist freilich: Gewisse ORF -Spitzenkräfte wie etwa Anchorman Armin Wolf (seit 2010 auch stv. Chefredakteur) wussten nichts von ihrem zweifelhaften Glück, dass ihre Namen in politischen Planspielen auftauchten.

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