Publikumsliebling und Alleskönner Otto Schenk ist tot
Zusammenfassung
- Otto Schenk war ein vielseitiger Künstler, bekannt als Regisseur und Schauspieler, der sowohl im Theater als auch in der Oper große Erfolge feierte.
- Seine internationale Karriere als Opernregisseur begann mit Mozarts 'Zauberflöte' 1957 und führte ihn an renommierte Bühnen wie die Wiener Staatsoper und die New Yorker Met.
- Schenk wurde durch seine Bildschirm-Präsenz und zahlreichen Rollen, darunter der 'Bockerer' und Salieri in 'Amadeus', zu einem der beliebtesten Schauspieler Österreichs.
- Er starb im Alter von 94 Jahren am Irrsee, wie das Theater in der Josefstadt am Donnerstag bekannt gab.
„Ich bin ein schwerer, träger Mühlstein, und immer wieder hat es Leute gegeben, die dieses Mühlrad bewegt haben“, kokettierte Schenk einst mit der eigenen Trägheit, die durch sein umfassendes Oeuvre konterkariert wurde. Er starb im Alter von 94 Jahren am oberösterreichischen Irrsee, wie das Theater in der Josefstadt am Donnerstag bekannt gab.
Im März 2021 hatte er seinen Abschied von der Theaterbühne verkündet, seine letzte Rolle war die des Firs in Tschechows "Der Kirschgarten" am Theater in der Josefstadt. Im Dezember 2019 war die Premiere, im November 2020 spielte er den gebrechlichen Diener zum letzten Mal.
Noch im Jahr 2023 stand er mit einem Erinnerungsabend auf der Bühne im Theater Akzent, nachdem er sich nach dem Tod seiner Ehefrau Renée im Jahr 2022 noch weiter zurückgezogen hatte. Der Titel: "Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut".
Mehr als 75 Jahre stand Schenk als Schauspieler auf der Bühne, beinahe nebenbei hat er sich auch als Theater- und Opernregisseur einen Namen gemacht. Darüber hinaus leitete der Wiener von 1988 bis 1997 das Theater in der Josefstadt.
Sein Sohn Konstantin Schenk würdigte den verstorbenen Vater gegenüber der APA: "Österreich verliert mit ihm ein theatralisches Jahrhundertgenie mit einer Universalität, die seinesgleichen sucht. Vom Würschtelmann bis zum Wozzeck, von den Sachen zum Lachen zum Ring des Nibelungen, vom Kellertheater zur Met und Scala Milano, vom Burgtheater über das Theater in der Josefstadt bis hin zur Staatsoper erschallt sein Ruf..."
Entdeckung im Kellertheater
Otto Schenk wurde am 12. Juni 1930 in Wien als Sohn eines Notars und einer aus Triest stammenden Mutter geboren. Sein Bühnendebüt feierte er bereits 1947 als Gendarm in Karl Schönherrs „Karrnerleut“ im Theater der Jugend, das damals in der Urania untergebracht war. Beim Vorsprechen am Max-Reinhardt-Seminar als Zettel überzeugte er u.a. die große Helene Thimig. Mit einer Gruppe gleichgesinnter Theater-Enthusiasten übernahm er in dieser Zeit auch das Parkring-Theater und landete mit Erich Neubergs Inszenierung von Becketts „Warten auf Godot“ einen großen Erfolg. Aus den Kellertheatern wechselte er Mitte der 50er über das Volkstheater ans Theater in der Josefstadt.
Regie-Durchbruch
Den Durchbruch als Regisseur feierte Otto Schenk 1960 mit seiner Josefstadt-Inszenierung von Eugene O'Neills „O Wildnis!“. Es folgten Horvath-Inszenierungen an den Münchner Kammerspielen („Geschichten aus dem Wiener Wienerwald“, 1966 und „Kasimir und Karoline“, 1969), Regiearbeiten am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, bei den Salzburger Festspielen - u.a. Shakespeares „Was ihr wollt“ (1972) und „Wie es euch gefällt“ (1980) sowie die Nestroy-Stücke „Der Talisman“ (1976) und „Der Zerrissene“ (1982, mit sich selbst als Gluthammer) - und an der Burg. Sein Schauspieldebüt am Burgtheater gab er erst 1996 als Hohes Alter in Raimunds Zaubermärchen „Der Bauer als Millionär“.
Weltkarriere an der Oper
Als Opern-Regisseur machte Otto Schenk Weltkarriere. Seine erste Oper inszenierte er mit Mozarts „Zauberflöte“ bereits 1957 am Salzburger Landestheater. Den endgültigen Durchbruch in dieser Sparte schaffte Schenk 1962 mit Bergs „Lulu“ an der Wiener Staatsoper. Bei den Salzburger Festspielen (wo er 1986-88 Direktoriums-Mitglied war) inszenierte er u.a. die Uraufführung von Cerhas „Baal“ (1981). Die New Yorker Met, wo Schenk 1970 mit „Fidelio“ debütierte und 2009 noch einmal seinen „Ring des Nibelungen“ (1986-88) auf die Bühne brachte, wurde seine zweite Heimat. Hier brach er für eine Zusammenarbeit mit Anna Netrebko 2006 auch seinen Eid, sich endgültig von der Regie zurückzuziehen, und inszenierte Donizettis „Don Pasquale“.
Publikumsliebling
Schenk hat sich mit unzähligen Rollen in das Gedächtnis des Publikums gespielt, etwa als „Bockerer“ (1984 im Münchner Volkstheater bzw. 1993 in der Josefstadt), als Fortunatus Wurzel in „Der Bauer als Millionär“ (Salzburger Festspiele, 1987), als „Volpone“ (1989), als Salieri in Shaffers „Amadeus“ (1991), als Zauberkönig in „Geschichten aus dem Wiener Wald“ (1994), als Molieres „Der Geizige“ (1995), als Rappelkopf in Raimunds „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ (Salzburger Festspiele, 1996), in Turrinis „Josef und Maria“ (1999) oder als Thomas Bernhards „Theatermacher“ (2006).
Ehrenmitglied
Kammerschauspieler ist er ebenso längst wie Ehrenmitglied von Wiener Staatsoper und Theater in der Josefstadt, zum 80er wurde er auch „Bürger von Wien“. „Die Kunst, zum Lachen zu bringen, ist Otto Schenk wie kaum einem anderen gegeben. Weil dieses Lachen aber mit dem geheimen Erkennen menschlicher Fehlbarkeit verbunden ist, lieben ihn die Menschen“, hieß es 2000 in der Begründung für den Lebenswerk-„Nestroy“. „Otto Schenk hilft ihnen, im Lachen für Augenblicke ihre Ängste aufzulösen. Und tröstet sie damit über eigenes Missgeschick, eigene Schwächen hinweg. So ist er zum populärsten Schauspieler Österreichs geworden.“
Präsent am Bildschirm
Seine Popularität in Österreich verdankt Schenk auch seiner regen Bildschirm-Präsenz und seinen zahlreichen Lesungen. 2016 wurde er vom KURIER für sein Lebenswerk mit der Platin-ROMY ausgezeichnet.
Von 1964 bis 1967 war er im ORF an der Seite von Alfred Böhm in der erfolgreichen Komödienserie "Der Untermieter" zu sehen.
Mit Kabinettstücken wie „Die Sternstunde des Josef Bieder“ (seit 1992) oder „Othello darf nicht platzen“ (ab 1990) hat er sich vor allem als Komiker ins kollektive Gedächtnis eingeschrieben. „Es war nicht immer komisch“, hat er dagegen ein Erinnerungs-Buch genannt, „Ich war nie darauf aus, dass es komisch wird. Ich war darauf aus, dass man mir glaubt."
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